Kabarett ist Kleinkunst, weil man mit jeder Bühne, auch der kleinsten, sein Auslangen findet. Gery Seidl braucht bloß Platz für sich und sein Tischchen. Und das Tischchen braucht er eigentlich nur für die Produktplatzierung. Das ist eine Novität in der Kleinkunst. Hinzu kommt, dass Seidl wirklich erfrischend Werbung für Peterquelle macht: Er, ein Münchhausen der Gegenwart, integriert den Sponsor perfekt in seine Erzählungen, die in der Regel völlig realistisch beginnen - und irgendwann ins Fantastisch-Absurde abgleiten.

In "Bitte.Danke.", seinem vierten Soloprogramm, rekapituliert Gery Seidl, 1975 in Wien geboren, sein bisheriges Leben. Damals, in den 1990er-Jahren, vereinbarte er mit seinen Freunden, sich am Freitag um 22.30 Uhr vor dem U4 zu treffen. Und alle kamen. Heute wäre das ohne -zig Handytelefonate unmöglich. Damals gab es kein "Gefällt mir", man sagte nach dem Taxieren des anderen Geschlechts "geht" oder "geht nicht" .

Doch dann lernte er Andrea kennen. Er erzählt mit Händen und Füßen, wie er ihr zu imponieren versuchte: Beim Granitbeißer, einem MontainbikeMarathon, habe er, um vor ihr im Ziel zu sein, eine Abkürzung durch die Hecken genommen - und schließlich ausgesehen "wie der Jesus nach der achten Station". Doch sie erhörte ihn, es folgen Heirat, Tochter, Umzug aufs Land und viel Geschlechterkampf. Seidl tradiert zwar Klischees, aber jede Pointe serviert er als Ass. Zwischendurch vermag er auch heißzulaufen, etwa wenn er über Wiener Buschauffeure herzieht oder Linksfahrer auf der Autobahn, die einem ihr Lebenstempo oktroyieren.

Mit 39 Jahren steht Seidl mitten im Leben. Ein gelungener Schluss ist ihm daher nicht eingefallen. Macht aber nichts. Man konnte knapp zwei Sunden wunderbar lachen. (trenk, DER STANDARD, 5.2.2014)