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Ulrike Lunacek konnte ihren Bericht im EU-Parlament durchbringen.

Foto: REUTERS/JORGE CABRERA

Straßburg - Das EU-Parlament in Straßburg hat am Dienstag mit deutlicher Mehrheit einen Bericht der grünen Europaabgeordneten Ulrike Lunacek angenommen, in dem die EU-Kommission aufgefordert wird, einen Fahrplan gegen Homophobie vorzulegen. Für den bereits im Vorfeld umstrittenen Bericht stimmten 394 Abgeordnete, 176 votierten dagegen, 72 enthielten sich der Stimme.

Umfassende Schutzpolitik im EU-Raum gefordert

Gefordert wird eine umfassende Politik zum Schutz der Grundrechte von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Personen (LGBTI). Trotz Gesetzen seien Homosexuelle nach wie vor massiver Benachteiligung, Mobbing und Gewalt in Schulen, am Arbeitsplatz und in ihrem alltäglichen Lebensumfeld ausgesetzt, beanstandete Lunacek.

"Dass trotz massiver europaweiter Anti-Kampagnen, Falschmeldungen und Panikmache von fundamentalistischen Kreisen in Politik und Gesellschaft dieser Bericht heute eine Mehrheit gefunden hat, ist ein ermutigendes Zeichen und beweist, dass homophobe Positionen in Europa an Boden verlieren und die Mehrheit in Europa diese intoleranten Auswüchse nicht mehr hinnehmen will", so die grüne Europaabgeordnete.

Mölzer und Co gegen Bericht in Aktion

Als "Frontalangriff der Homo-Lobby" wetterte etwa der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer gegen den - rechtlich nicht bindenden - Bericht. So sei etwa beabsichtigt, "gleichgeschlechtliche Ehen durch die Hintertür einzuführen", warnte er. Auch die ÖVP-Abgeordneten stimmten gegen den Bericht, weil sie darin einen Eingriff in das nationale Familienrecht befürchteten. "Ob eine gleichgeschlechtliche Ehe oder eine Kindesadoption durch homosexuelle Paare in einem anderen Staat mit allen Rechtswirkungen anzuerkennen sind, muss Sache der Mitgliedsländer bleiben", forderte der ÖVP-Europaabgeordnete Hubert Pirker.

In dem Bericht heißt es, die EU-Kommission sollte "Vorschläge für eine uneingeschränkte gegenseitige Anerkennung der Gültigkeit aller Personenstandsurkunden in der gesamten EU vorlegen, um diskriminierende rechtliche und administrative Hindernisse für Bürger und ihre Familienangehörigen abzubauen, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben".

E-Mail-Protest gegen Bericht

Lunacek erklärte, sie habe innerhalb einer Woche 40.000 E-Mails zu diesem Thema erhalten, ihre Website sei überdies gehackt worden. Dabei würden keine besonderen Privilegien für LGBTI-Personen gefordert, der Bericht sei "kein Neuland, keine Revolution". Es würden massive Falschinformationen kursieren, dass der Bericht die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe verlange. Die meisten Protest-E-Mails seien aus Spanien und Frankreich gekommen, aber auch aus der Slowakei, Tschechien und Rumänien habe es Proteste gegeben.

Die SPÖ-Europaabgeordneten stimmten Lunaceks Forderungen zu, wie die Abgeordnete Karin Kadenbach erklärte. "Es ist schade, dass im Jahr 2014 solche Fragen noch so kontroversiell und so bösartig diskutiert werden", beklagte sie. Die Sprachwahl "erinnert an die Zeiten der Hexenverfolgung".

Stadler fürchtet Gesinnungsstrafrecht

Eine Ablehnung des Berichts hatte im Vorfeld auch der Familienbischof Klaus Küng verlangt. Er kritisierte den Versuch, "für Homosexuelle eine privilegierte Sonderstellung zu schaffen". Ewald Stadler, der EU-Mandatar der reformkonservativen REKOS, warf Lunacek vor, ein Gesinnungsstrafrecht einführen zu wollen. "Wer künftig die traditionelle Ehe verteidigt, der müsste dann mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen."

Demgegenüber zeigte sich die "Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien in einer Aussendung "sehr erfreut" über die Annahme des Berichts im europäischen Parlament. "Das ist ein großer Erfolg und wichtiger Schritt für den Kampf gegen Intoleranz und Homophobie in Europa", so HOSI-Wien-Generalsekretär Kurt Krickler. (APA, 4.2.2014)