"Wilderness" (1985) ist ein früher Vertreter des Open-World-Survival-Genres.

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Zu den aktuell beliebtesten Vertretern gehört aktuell "DayZ", das Spieler online mit- oder gegeneinander auf einer zombieverseuchten Insel antreten lässt.

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Kaum ein anderes Genre erfährt derzeit soviel Auftrieb wie Survival-Spiele. In mannigfaltiger Umsetzung erreichen Produkte von Indie-Entwicklern und großen Studios seit einigen Jahren den Markt. Und derzeit ist kein Ende abzusehen. Eine Gegenbewegung zu den stets leichter werdenden Spielen für den Massenmarkt.

Alte Wurzeln, neue Beliebtheit

Die Wurzeln des Spieltypus "Überlebenssimulation" reichen dabei lange zurück. Einer der frühesten Vertreter ist "Wilderness: A Survival Adventure", das sich sogar als Open-World-Game qualifiziert. In diesem 1985 veröffentlichten Spiel wurde der Protagonist in der freien Natur ausgesetzt und musste sich seinen Weg zurück in die Zivilisation bahnen.

Illustriert wurde das Geschehen von einfachen Grafiken, Interaktion und Fortbewegung wurden mit Textkommandos umgesetzt. "Wilderness" kannte dafür über 300 Vokabeln. Zu beachten galt es auf der Reise Werte wie Hunger, Durst, Müdigkeit und Temperatur. Es war möglich, aus verschiedenen Gegenstände neue Werkzeuge herzustellen. Neben den Gefahren des Terrains stellten auch manche Wildtiere eine Bedrohung dar oder konnten gejagt werden.

Vielfalt

Elemente, die sich heute in zahlreichen Produktionen in verschiedenem Umfang wiederfinden. "Minecraft" lässt den Spieler in einer abstrakten Blockwelt bei Null beginnen und, bei entsprechender Ausdauer, hochkomplexe Infrastruktur errichten. Titel wie "The Forest" verknüpfen das Erforschen und Überleben wiederum mit einer wichtigen Hintergrundgeschichte, übergeordneten Zielen und Horror-Elementen.

"DayZ" entlässt den Spieler in eine harsche Multiplayerwelt, die oft auf darwinistische Art mehr von ihren menschlichen Teilnehmern geprägt wird, denn von den namensgebenden Zombies. Ähnlich legt es, ganz ohne Zombies, auch "Rust" an, der mit großem Erfolg gestartete Steam Early Access-Titel des "Garry's Mod"-Machers Garry Newman.

Spiele wie "The Long Dark" wiederum orientieren sich stark am klassischen Outdoor-Survival. Was den meisten Spielen gemein ist, ist das Permadeath-Konzept. Stirbt man, verliert man praktisch alles und darf wieder von vorne anfangen.

An der Hand genommen

Es gibt eine sehr wahrscheinliche Erklärung dafür, wieso diese Art von Spiel nach langem Nischendasein nun auf immer mehr Zulauf stößt: Großen, modernen Games fehlt zunehmend die Herausforderung. Um ihre Spiele einsteigerfreundlicher und somit massentauglicher zu machen, greifen viele Hersteller zu Autosave, Zielhilfen, selbständig regenerierende Lebensbalken oder dem häufigen Einblenden von Hinweisen, um den Spieler ja nichts übersehen zu lassen. Manchesmal kommt das Gefühl auf, man befände sich auf einer Führung durch eine Ausstellung mit interaktiven Elementen.

Was, positiv gesehen, für Neulinge den Frustfaktor enorm reduzieren kann, schreckt erfahrenere Spieler zunehmend ab. Insbesondere dann, wenn ein Spiel nicht die Möglichkeit bietet, die Assistenzmaßnahmen komplett abzudrehen und den Schwierigkeitsgrad stattdessen durch eine stetig wachsende Gegnerschar nach oben dreht.

Erfrischende Bewährungsproben

Dazu bietet das Gefühl, sich ganz ohne Stützräder in einer grundsätzlich feindlichen Umgebung zu behaupten, eine erfrischende Alternative. Der erste eigene Unterschlupf, das erste mit einer selbst gebauten Waffe erlegte Tier oder der erste erfolgreiche Ausflug in besonders gefährliches Territorium vermögen mitunter mehr Satisfaktion zu schaffen, als in der x-ten Auflage eines populären Shooters den siebzigsten namenlosen Feind auszuschalten, während man wie von Zauberhand hinter der Deckung sitzend gesundet.

Auch die Möglichkeit, große Herausforderungen gezielt zu suchen, zieht Spieler an und zeichnet diverse Games aus. Darunter finden sich nicht nur Survival-Games. Auch einige Rollenspiele, genannt seien hier stellvertretend die ersten drei "Gothic"-Teile, geben dem Spieler stets die Wahl, auf halbwegs sicheren Bahnen den Hauptaufträgen zu folgen oder sich auf eigene Faust ins Dickicht vorzuwagen. Dort lauern mitunter große Gefahren, die das sofortige Aus bedeuten können, aber auch sonst möglicherweise verborgen gebliebene Schätze.

Ein Comeback der Herausforderung?

Hält der Erfolgslauf der Überlebens-Spiele weiter an, könnte die Bewegung zurück in den Mainstream schwappen. Vielleicht verursachen auch große Actiontitel wieder Nervenkitzel abseits grafisch bombastischer Inszenierungen. (Georg Pichler, derStandard.at, 05.02.2014)