Es gibt immer noch Leser und Leserinnen, die sich aufraffen und uns schreiben, um das auch im STANDARD stattfindende Sterben der "hiesigen Hochsprache" zu beklagen. Allerdings werden es weniger - nicht etwa, weil diese an der Sprache Leidenden selbst bereits im Aussterben begriffen sind: Sie sind meist weder besonders alt noch haben sie, wie von einem anderen Teil der Leserschaft offenbar angenommen, zu Hause ein Dollfuß-Bild hängen. Nein, sie resignieren - wie wir ja auch.
So ein Leserbrief ist wie ein Nekrolog: die Aufzählung all dessen, was es nicht mehr gibt, vom Einser in der Schule bis zum Praliné. Ja, mit Sprachwandel muss man sich abfinden, den hat es immer gegeben. Woran wir jetzt hängen, war auch einmal zumindest teilweise Produkt desselben, damals war's halt nicht die deutsche Quatsch-Werbesprache, sondern etwa der französische Hof. Auch nicht besser. Es geht immer um kulturelle Hegemonie und deren Akzeptanz. Vielleicht können wir uns mit den Aposteln von "lecker" und "das Teil" wenigstens darauf einigen?
Was uns lexikalisch Verstockte so wurmt, ist, dass die Veränderungen bei den österreichischen Sprechern oft unter dem Missverständnis "Verbesserungen" laufen: als sei Rührei Hochdeutsch und Eierspeis Dialekt. Wir wollen auch keine sozialisierten Rührei-Frühstücker bekehren: Wir wollen nur als Eierspeisler das Haupt hoch tragen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 5.2.2014)