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Große Wirtschaftscausen sollen in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gebündelt werden.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Justizminister Wolfgang Brandstetter will in großen Schöffenverfahren den zweiten Berufsrichter wieder einführen. Das ist Teil seines für heuer geplanten Pakets zur Strafprozessordung (StPO). Es soll auch eine bessere Sachverständigenbestellung und einen differenzierten Beschuldigtenbegriff bringen, sagte Brandstetter. Um Verfahren zu beschleunigen, will er große Causen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) konzentrieren.

Brandstetters Vorvorgängerin Claudia Bandion-Ortner hatte mit dem Sparpaket 2009 die Schöffengerichte verkleinert: Statt je zwei Berufs- und Laienrichtern gibt es jetzt nur mehr zwei Laien- und einen Berufsrichter. Diese Maßnahme wurde vielfach kritisiert, Wissenschafter und Praktiker forderten die Rückkehr des zweiten Berufsrichters.

Ausbau der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft

Zumindest für komplexere Verfahren will Brandstetter diesem Wunsch nun nachkommen. Er erwartet sich davon eine Beschleunigung - und zwar genau in jenen großen Wirtschaftsstrafsachen, wo es Probleme mit der Verfahrensdauer gibt. Für eine Verkürzung dieser Verfahren will Brandstetter auch sorgen, indem er diese Causen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) konzentriert.

Diese Behörde will er dafür - so weit es die begrenzten Mittel erlauben - weiter ausbauen. Vor kurzem wurden fünf weitere Planstellen ausgeschrieben, jetzt arbeiten 35 Staatsanwälte in der WKStA. Sie kann Verfahren schneller abwickeln, weil sie eine beschränkte Berichtspflicht hat: es muss nur über die Enderledigung, nicht über einzelne Ermittlungsschritte ein Vorhabensbericht verfasst. Zudem stehen der WKStA hauseigene Experten zur Verfügung, die eigens für die auf Wirtschaftsstrafsachen und Korruption spezialisierte Staatsanwaltschaft arbeiten. Im Verfahren kann das Gericht dann einen eigenen Sachverständigen bestellen.

Damit wäre auch ein weiteres Problem entschärft, das Brandstetter mit dem StPO-Paket eindämmen will, nämlich jenes der Sachverständigen. Es gelte, den "äußeren Anschein der Befangenheit zu vermeiden", der - viel kritisiert - entsteht, wenn Sachverständige im Vorverfahren für die Staatsanwaltschaft arbeiten und dann im Hauptverfahren für das Gericht. Mit dem StPO-Paket sollen zum Beispiel Verteidiger die Möglichkeit der Mitsprache bei der Gutachterbestellung bekommen. An den Details wird derzeit im Justizministerium gearbeitet.

Neuregelung bei Beschuldigten-Definition

Eine Lösung suchen die Legisten auch für das "Beschuldigten-Problem". Mit der Vorverfahrensreform ist 2008 die Trennung zwischen polizeilichen Vorerhebungen und Voruntersuchung des U-Richters weggefallen - und ein einheitlicher Beschuldigten-Begriff etabliert worden. Seither gilt jeder schon als Beschuldigter, sobald eine anonyme Anzeige vorliegt. Da es keinen U-Richter mehr gibt, müsse nun "innerhalb der Tätigkeit des Staatsanwaltes" differenziert werden - und zwar, ohne den Rechtsschutz einzuschränken. Denn der einheitliche Beschuldigten-Begriff brachte den Rechtsschutz "von Anfang an". Es gelte, eine "Vorstufe der unsubstanziellen Anschuldigung" zu definieren - und dafür zu sorgen, dass jemand erst als Beschuldigter gilt, wenn eine konkrete überprüfte Verdachtslage besteht, so Brandstetter.

Einigen Änderungsbedarf sieht der Justizminister auch im Strafrecht. Er habe "das Gefühl, dass in einigen Fällen die Balance" der Strafdrohungen nicht stimme und Anpassungen nötig seien. Da wartet der frühere Strafverteidiger aber auf die Ergebnisse der - von seiner Vorgängerin Beatrix Karl - eingesetzten Expertenkommission, die für 2015 eine große Strafgesetzbuchreform ausarbeiten soll. (APA, 5.2.2014)