Niko Alm (38) ist erster Mediensprecher der Neos. Er ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Holding über den Vice Medien. Er sieht keine Unvereinbarkeit.

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Wien - Die jüngste Fraktion im Nationalrat hatte ihren Mann für den ORF am schnellsten: Nur einen Tag nach Dienstantritt präsentierten Neos-Chef Matthias Strolz und Mediensprecher Niko Alm im Oktober ihren Stiftungsrat: Baukonzernboss Hans-Peter Haselsteiner.

Der will schnell wieder raus – sollte die rot-schwarze Nationalratsmehrheit die ORF-Gremien nach den knallrosa Ideen umbauen. Die Neos wünschen sich eine Stifterversammlung, besetzt von Politik und Interessenverbänden, eine Hälfte aber Gebührenzahler – per Los bestimmt wie Schöffen bei Gericht. Die Stifter wählen zehn Aufsichtsräte, fünf der Betriebsrat.

Medienminister Josef Ostermayer interessierte sich bisher nicht dafür  – jedenfalls hat er mit dem Neos-Mediensprecher noch keinen Kontakt aufgenommen. Und vorerst sieht es gar nicht nach größeren Reformen aus – nur einer Reparatur, weil sechs der heute 36 Publikumsräte verfassungswidrig per Fax gewählt wurden.

Erst wenn der Kanzler die Parteien einlädt, ihre Stiftungsräte zu nominieren, sich der Rat Ende April nach altem Modus neu konstitiert, kommt Haselsteiner rein. Noch bevor Neos an der Gesetzgebung teilhatten, erprobten sie die bestehenden Regeln für den ORF, weil der nur Parlamentsparteichefs zu Wahlkonfrontationen lud. Die Medienbehörde wies Neos vor der Wahl ab, die zweite Instanz danach. In den ZiBs kam Strolz in manchen Wahlkampfmonaten am längsten zu Wort.

"Exzessiv ausgelegt"

Alm beschwerte sich zuletzt mit dem ORF bei Höchstgerichten über "nicht zeitgemäße" Beschränkungen des Gebührenfunks in Facebook und anderen sozialen Medien. Das Verfassungsgerichtshof dürfte im Frühjahr in der Sache entscheiden. Auch ein öffentlich-rechtliches Medienhaus müsse sich innovativ weiterentwickeln dürfen, und sich das leisten können, sagt Alm. A propos: Eine Rundfunkabgabe für alle Haushalte favorisieren die Neos zur Finanzierung des ORF.

"Die privatwirtschaftliche Komponente" der ORF-Finanzierung, Werbung vor allem, könne "noch stärker eingeschränkt werden". Gilt das auch für kommerzielle Programmierung des ORF? Haselsteiner konnte sich deshalb schon die Privatisierung von ORF 1 und Ö3 vorstellen, der Baumulti will dafür keine Gebühren verwendet wissen.

"Nicht alles liegt im ORF im Argen", findet Alm: "Wir bewegen uns da auf einem hohen Niveau." Der ORF liege "in der Tendenz nicht falsch", wenn er sagt, er wolle mit breitenwirksamen Programme möglichst viele Menschen zu Sendungen etwa im Bildungsauftrag bringen. Auch "innovative Formate im Entertainmentbereich" müssten drin sein. Nur: "Im ORF wird das exzessiv ausgelegt." ORF 1 und Ö3 wären da "definitiv ein von außen festgestelltes Problem".

ORF-interne Kommission

Alm plädiert für eine ORF-interne Kommission, durchaus unabhängig von der Geschäftsführung wie ein Betriebsrat oder Diversity-Beauftragte. Sie soll "in Echtzeit kontrollieren, ob der ORF seinen Auftrag erfüllt". Ob die Kommission schlüssig arbeitet, könne ja danach die Medienbehörde entscheiden – wie auch weiterhin über das ORF-Programm – nach Beschwerden des Publikums oder auch, wie zuletzt mit einigem Erfolg, der privaten Sender.

Die Privatsender fordern 30 statt bisher 15 Millionen Euro Bundesförderung im Wettbewerb mit dem ORF. Medienförderungen beurteilt Alm grundsätzlich skeptisch. Bei privatem Radio und TV tut er sich "schwer". Vielfalt sei über andere Regelungen sicherzustellen, etwa über Must-Carry-Verpflichtungen und bevorzugte Sendeplätze für österreichische Kanäle in Programmpaketen. Nicht kommerzielle Sender sieht Alm eher in Kulturbudgets.

Gegen Online-Medienförderung

Der Zeitungsverband verlangt 50 statt bisher rund elf Millionen Euro Presseförderung. Alms Lieblingsfördermodell hier: ein für alle Blätter zugänglicher, leistbarerer Vertrieb – "quasi Netzneutralität für Print." Doch weil "die Weichen falsch gestellt wurden", über Jahrzehnte Richtung ungehinderter Konzentration nämlich, kann Alm Presseförderung vorerst nachvollziehen: Um Vielfalt zu sichern – und bis die Druckmedien "in die digitale Welt transformiert" sind.

Und nicht weiter: "Online-Medienförderung brauchen wir nicht." Bei "Grenzkosten der Produktion gegen Null" sieht Alm online "kein förderwürdiges Interesse, um Vielfalt zu erhalten oder Projekte qualitativ zu fördern".

"Problematik bewusst, derzeit keine Unvereinbarkeit"

Wo Alm gerade von Interessen spricht: Er ist Mediensprecher einer Partei und zugleich Medienunternehmer: Gesellschafter der Jugendmediengruppe um das Magazin "Vice". "Ich bin mir der Problematik bewusst", sagt er, "sehe aber derzeit keine Unvereinbarkeit. Man soll 'Vice' auch nicht überbewerten – sein Einfluss auf die österreichische Innenpolitik ist extrem bescheiden."  Er sei Geschäftsführung der Medien- und Werbeholding, nicht mehr Herausgeber des Magazins.

Knowhow und Berufserfahrung  könnten Politikern brauchen – solange ihre Tätigkeit transparent sei. Alm erwähnt da etwa, dass die von ihm geführte Agentur Super-Fi etwa auch den Mobilfunkmarke 3 betreut - aber: "Ich habe meine eigene Meinung zum Telekombereich."

Nachsatz zur Doppelrolle: "Sollte es eine Unvereinbarkeit geben, werde ich die Konsequenzen ziehen müssen." (fid, DER STANDARD, 6.2.2014)