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Die Neos veröffentlichten im Zuge einer parlamentarischen Anfrage das geheime Hypo-Gutachten - nachzulesen als PDF.

Foto: apa/gindl

Wien - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat sich bereits des Öfteren mit der Frage beschäftigt, was mit der Hypo Alpe Adria ohne Staatszuschüsse geschehen würde. Im Dezember bekam die Bank bekanntermaßen 1,05 Milliarden Euro - kurz zuvor setzten OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny und sein Vize Andreas Ittner das Finanzministerium über die Ansicht der Notenbank ins Bild. Die da, flapsig interpretiert, lautet: Geldspritze her, da die Pleite zu teuer ist. In den Worten der OeNB: Die "ungeordnete Abwicklung" der Bank "wäre mit erheblichen Risiken sowie einem hohen Schadenspotenzial verbunden". In Zahlen: 16 Milliarden Euro, plus Zusatzkosten von sechs bis acht Milliarden.

Die Argumente, die die Notenbanker damals in ihrem Brief erläuterten, finden sich (aktualisiert) auch im Endbericht der Hypo-Taskforce an die Regierung wieder. Sie hat sich mit dem Insolvenzszenario beschäftigt; empfohlen hat sie es aber nicht.

Einlagen retten

Laut OeNB-Brief vom 19. November war es damals höchste Eisenbahn für die Geldspritze, ohne sie sei die Unterschreitung der Eigenkapitalvorschriften "jederzeit möglich bzw. bereits im November sehr wahrscheinlich". Das wieder hätte zum Scheitern des Verkaufs der Hypo Österreich (der dann im Dezember finalisiert wurde) führen können; in dem Fall hätte man die Österreich-Bank "auf Abbau stellen" müssen. Deren sicherungspflichtige Einlagen (100.000 Euro pro Sparbuch) betrugen damals 629 Millionen Euro.

Die Verluste für Eigenkapitalgeber, Nachranggläubiger und Gewährträger (also Haftende) aus einer "ungeordneten Abwicklung" hat die Bank in ihrem Abwicklungsplan auf "bis zu 16 Mrd. Euro" geschätzt - eine Höhe, die der OeNB "nicht unplausibel" erschien. Die Risiken, die Nowotny und Ittner aufzählten: potenzielle Abgrenzungsmaßnahmen ("Ringfencing") der lokalen Behörden "sowie die Gefahr eines (...) Bank-Runs". Die könnten "sehr rasch zu einer massiven Abschreibung" der Beteiligungsbuchwerte und "zumindest teilweisem Verlust der lokalen Refinanzierungslinien" führen. Durch die Haftungen des Landes Kärnten (derzeit noch rund 13 Milliarden Euro, Anm.) könnten für den Bund "massive Zusatzbelastungen" entstehen.

Eine etwaige Insolvenz Kärntens hätte für Bund und andere Gebietskörperschaften "Zusatzbelastungen in Milliardenhöhe" zur Folge; vor allem wegen höherer Refinanzierungskosten. Ginge die Hypo pleite, würden zudem die Forderungen der Pfandbriefstelle der Landeshypos gegen die Bank ausfallen (1,6 Milliarden Euro). Einspringen müssten dafür die anderen sieben Hypos und ihre Gewährträger (die Länder); drei Hypos fielen dadurch laut OeNB sofort unter die Eigenmittelgrenzen. Besonders stark treffen würde das Hypo-Debakel Raiffeisen: Der Sektor kontrolliert Hypo Salzburg, Hypo Steiermark und Hypo Oberösterreich. Insgesamt beziffert die OeNB die "potenziellen Folgekosten für die kommenden drei Jahre" mit sechs bis acht Milliarden Euro.

"Implizite Staatsgarantie"

"Substanzielle negative Auswirkungen" befürchten die Aufseher auch für die anderen in Südosteuropa aktiven österreichischen Großbanken. Mit einer Hypo-Pleite würden Investoren und Ratingagenturen ihr Vertrauen in die "implizite Staatsgarantie" verlieren, was zu einer "sofortigen" Herabstufung der österreichischen Banken führen würde. Für sie würde es also kostspieliger werden, sich Geld vom Markt zu holen. Die Rechnung der OeNB: Eine Verteuerung der Refinanzierung um zwei Prozentpunkte würde den Top-fünf-Banken in den nächsten drei Jahren 1,8 Milliarden Euro an Mehrkosten bescheren.

Last, but not least, fürchten die Bankenaufseher um die sowieso schon unter ihrer Kuratel stehenden Sorgenbanken. Die staatlichen Institute Kommunalkredit und KA Finanz könnten sich möglicherweise nicht mehr unbesichert refinanzieren, was eine "Refinanzierungsabhängigkeit vom Bund entstehen ließe oder sich diese weiter erhöhen würde".

Vor allem die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) und die "kleinen" Volksbanken bereiten den Aufsehern Sorgen. Ihre Situation erscheine "kritisch", haben sie doch bereits kundgetan, dass sie möglicherweise frisches Geld vom Staat brauchen. Die ungeordnete Abwicklung der Hypo könnte "vor diesem Hintergrund" öffentliche Diskussionen über den Volksbankenverbund und Verunsicherung der Sparer bedeuten. Man befürchte daher eine "weitere Verschärfung der Lage" des Volksbankenverbundes.

Schlussfolgerung des OeNB-Direktoriums: Die ungeordnete Abwicklung der Staatsbank "stellt keine empfehlenswerte Alternative" zur bisherigen Strategie dar.

Taskforce warnt vor Debatte

Die Taskforce unter Klaus Liebscher beruft sich in ihrem Endbericht unter anderem auf diesen Brief der Notenbanker und auf das Papier von Oliver-Wyman. Folgt man der Argumentation der Taskforce zum Thema Auswirkungen des Insolvenzszenarios, so hat schon die bisherige öffentliche Diskussion übers Dead-Bank-Modell negative Folgen gezeitigt - beinahe jedenfalls. Abgewendet wurden die demnach nur durch das Eingreifen von Regierungsspitze, OeNB-Chef, Taskforce-Chef und Aufsichtsrat. (Renate Graber, DER STANDARD, 6.2.2014)