Bangui - Mit Entsetzen haben Menschenrechtler auf einen neuen Fall brutaler Lynchjustiz in der Zentralafrikanischen Republik reagiert. Regierungssoldaten hatten am Mittwoch in der Hauptstadt Bangui einen mutmaßlichen muslimischen Seleka-Rebellen auf offener Straße mit Macheten und Steinen in Stücke gehackt. Anschließend verbrannten sie die Überreste des Mannes, während eine Menschenmenge dies filmte.

Die Organisation Human Rights Watch (HRW) forderte am Donnerstag eine Aufklärung dieses "barbarischen Akts" und eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen. Die Tat ereignete sich kurz nach dem Ende einer Rede der neuen Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza. Darin hatte sie auch ihren Stolz auf die zentralafrikanische Armee ausgedrückt. Die seit dem 20. Jänner regierende Staatschefin versucht, das christlich geprägte Land wieder zu Frieden und Ordnung zu führen - bisher vergeblich. In den vergangenen Tagen kam es in verschiedenen Landesteilen erneut zu blutigen Vergeltungsakten mit Dutzenden Toten.

Eine Million Menschen auf der Flucht

Seit Seleka-Rebellen vor elf Monaten Präsident Francois Bozize gestürzt und die Macht übernommen hatten, kommt es immer wieder zu schwerer, religiös motivierter Gewalt zwischen muslimischen Kämpfern und christlichen Bürgermilizen. Fast eine Million Menschen - ein Fünftel der Gesamtbevölkerung - sind nach UN-Angaben auf der Flucht. Auch rund 4.000 Soldaten der Afrikanischen Union und 1.600 französische Soldaten konnten die Situation bisher nicht unter Kontrolle bringen.

"Was ein Moment der Hoffnung für die Sicherheit in Zentralafrika werden sollte, hat sich in eine Szene von grauenhaftem Blutvergießen und Verstümmelung verwandelt", sagte Peter Bouckaert, der bei Human Rights Watch für Notsituationen verantwortlich ist.

Abgetrenntes Bein ins Feuer geworfen

Die Soldaten hatten ihrem Opfer unter anderem ein Bein und einen Fuß abgetrennt. Als französische Soldaten die Menge auseinandertreiben wollten, hatte ihnen ein junger Mann das blutige Bein vor die Nase gehalten und es anschließend ins Feuer geworfen. Bouckaert betonte, es sei von äußerster Wichtigkeit, dass Übergangspräsidentin Samba-Panza die Tat verurteile und die Angreifer umgehend ausfindig gemacht und vor Gericht gebracht würden.

Lynchjustiz kommt vor allem in Bangui immer häufiger vor. Allein in den vergangenen zwei Wochen seien HRW-Experten zwei Mal Zeuge geworden, wie eine aufgebrachte Menge Menschen gelyncht habe. Drei weitere Lynchattacken konnten Blauhelmsoldaten in letzter Minute verhindern. (APA, 6.2.2014)