Innsbruck - Im Fall der im Jahr 2005 in Innsbruck erstochenen Studentin aus Niederösterreich ist es am Freitag zu einer Wende gekommen. Der 29-jährigen Tatverdächtige wurde nach der Haftprüfungsverhandlung aus der Untersuchungshaft entlassen. Es bestehe kein dringender Tatverdacht mehr, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Die Anklagebehörde verzichtete auf eine Beschwerde gegen die Enthaftung. Sprecher Thomas Willam erklärte, dass unter anderem die im Zuge der Haftprüfung durchgeführte Erörterung der vorliegenden DNA-Gutachten mit dem gerichtsmedizinischen Sachverständigen zur Enthaftung des Mannes geführt habe. Zudem hätten die weiteren Beweisergebnisse, insbesondere die Vernehmung des Beschuldigten, den Ausschlag gegeben.
DNA-Spuren nicht aussagekräftig
Es seien zwar DNA-Spuren des Verdächtigen am Rock des Opfers festgestellt worden, diese würden aber aufgrund der "geringen Intensität" keine aussagekräftigen Schlüsse gegen den Beschuldigten zulassen. Man könne aufgrund dieser Erkenntnisse nicht sagen, dass es zwingend zu einem "bedenklichen Körperkontakt" gekommen sei. Daher war laut Willam der dringende Tatverdacht zu relativieren.
Die Ermittlungen gegen den Niederösterreicher seien damit aber nicht beendet, so Willam. Man werde unter anderem beim Bundeskriminalamt erheben, ob es weitere Beweismittel gebe. Dann werde es zu einer abschließenden Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft kommen. Darüber hinaus werde in alle Richtungen weiterermittelt.
Mit Auflagen sei die Entlassung aus der Untersuchungshaft für den Mann nicht verbunden, er könne theoretisch auch wieder nach Australien zurückkehren, wo er zuletzt arbeitete.
Anwalt rechnet mit Einstellung des Verfahrens
Dessen Anwalt Albert Heiss rechnete am Freitag mit einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen seinen Mandanten in "zwei bis drei Wochen". Die ursprünglich angegebenen wesentlichen Gründe für einen dringenden Tatverdacht hätten sich "in Luft aufgelöst", so Heiss.
Heftige Attacken ritt der Anwalt gegen die Cold-Case-Einheit des Bundeskriminalamts, die den Fall im November 2012 in Kooperation mit dem Landeskriminalamt Tirol neu aufgerollt hatte. "Wie da ermittelt wurde, das wird Folgen haben", sagte Heiss und sprach von "vielen Rechtsverletzungen", die passiert seien. Dabei gehe es nicht nur um eine Entschädigung für den Verdächtigen. Er habe gegen die Cold-Case-Gruppe eine Dienstaufsichtsbeschwerde sowie einen Befangenheitsantrag eingebracht. Zudem stelle sich die Frage, ob nicht auch wegen Amtsmissbrauchs ermittelt werden müsse. Die "massiven Rechtsverletzungen" sah Heiss etwa in den Methoden, wie man Zeugen befragt habe, sowie in der mangelnden Rechtsbelehrung bei der Einvernahme des Beschuldigten und der nicht sofortigen Beiziehung eines Verteidigers.
Ergebnisse nach Hautschuppenanalyse
Der Niederösterreicher hatte stets bestritten, seine frühere Studienkollegin ermordet zu haben. Er war am 22. Dezember aus Australien kommend auf dem Flughafen Wien-Schwechat verhaftet worden. Im Zuge der Ermittlungen des Cold-Case-Managements dürften dem Verdächtigen unter anderem neue Untersuchungsmöglichkeiten zum Verhängnis geworden sein. Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft berichtete unmittelbar nach der Festnahme, dass unter anderem eine Hautschuppenanalyse "entsprechende Ergebnisse" gebracht habe.
Die Studentin war am 23. Juni 2005, zwei Tage vor ihrem 20. Geburtstag, in den frühen Morgenstunden im Innsbrucker Stadtteil Pradl erstochen worden. Ein Pensionist fand die blutüberströmte Leiche vor einer Telefonzelle. Die junge Frau war mit zwei Messerstichen in den Brustbereich und in den Rücken getötet worden. Die Tatwaffe, vermutlich ein Küchenmesser, konnte trotz umfangreicher Suchaktionen nicht sichergestellt werden. (APA, 7.2.2014)