Wien - Als Sony vor ein paar Jahren begann, seine klassischen CD-Aktivitäten antizyklisch auszuweiten, lockte es Bassbariton Erwin Schrott von Universal weg - ließ ihn dann aber die Szene überraschen. Der impulsive Sängerdarsteller brachte nicht Mozart zu Gehör, er verkündete vielmehr seine Zuneigung zu Tango und Bossa. Und tatsächlich klang der Ausflug zu jenem Repertoire, mit dem Schrott in Uruguay aufgewachsen war (aus Vaters Radio kamen Tangos), gar nicht übertrieben opernhaft (CD Rojotango). Schrott gab sich Mühe, dezent zu bleiben.

Seit jener Zeit ist dieses Repertoire jedenfalls sein zweites Standbein, eine Art Pendant zu jenen Open-Air-Konzerten, mit denen seine Ex-Freundin Anna Netrebko und auch Elina Garanca gutes Geld abseits der Operntempel lukrieren. In der Wiener Staatsoper erlebt man, warum Schrott reüssiert: Er ist ein lockerer Entertainer, der die Dankbarkeits- und Ergriffenheitsgeste beherrscht. Er verfügt über eine einnehmende Stimme, die auch mittels Mikro zur Geltung kommt.

Dennoch bleiben bezüglich subtiler Farbgebung bei manch sanftem Lied Wünsche offen. Wo Schrott sprechgesanglich agieren kann, überzeugt er als Erzähler. Wo jedoch leise Fragilität erforderlich wäre (Insensatez), klingt er nur leise, also eher unscheinbar. Verstärkt wird dieser Eindruck durch ein streicherlastiges Ensemble, das den vokalen Schwingungen nicht immer folgt. Es sind zwar gute Musiker am Werk wie die drei Brüder Jánoska (zum Schluss kam Geigerin Lidia Baich hinzu). Aber mitunter klang es nach einer zu schnell zusammengewürfelten Combo und alles wie ein Oberflächenflug über Regionen der Melancholie. (tos, DER STANDARD, 7.2.2014)