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Vor allem Mädchen und junge Frauen seien die Leidtragenden der Syrien-Krise, kritisiert SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach. Er war soeben in Jordanien und in der Türkei in Flüchtlingslagern.

Foto: AP Photo/Mohammad Hannon

Wien - Man habe die Syrer nicht abgeschoben, sondern nach Italien "zurückgeschoben", betont Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums (BMI), am Montag. 1153 Syrer mussten Österreich bis Ende November des Vorjahres verlassen, bestätigte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in einer parlamentarischen Anfrage der Grünen.

Bei der Personengruppe handle es sich nicht um Flüchtlinge, da sie noch keinen Asylantrag in Österreich oder anderswo in Europa gestellt hätten, sagt Grundböck. "Sie versuchen, die Dublin-II-Verordnung zu umgehen und direkt in ein Zielland wie Deutschland oder Schweden zu gelangen, weil dort oft schon Verwandte sind."

An Einreise gehindert

Werden sie - meist am Brenner - von der österreichischen Fremdenpolizei ohne Visum aufgegriffen, werden sie an der Einreise gehindert. Der Südtiroler Lan- deshauptmann Luis Durnwalder (SVP) hatte schon vor Monaten auf diese Vorgehensweise aufmerksam gemacht und mehr Toleranz von Österreich gefordert, wenn Flüchtlinge durchreisen müssen, um zu Verwandten zu gelangen.

Laut der sogenannten Dublin-II-Verordnung ist in der EU seit 2003 jenes Land für die Asylsuchenden zuständig, in dem sie erstmals europäischen Boden betreten. Wer also Verwandte in Deutschland hat, seinen Antrag aber in Italien stellt, muss in Italien bleiben. Genau das sei das Hauptproblem des EU-Asylsystems, kritisiert die grüne Nationalratsabgeordnete Alev Korun: "Vor Krieg flüchtende Menschen bekommen gar kein Visum, um legal einzureisen und Schutz zu beantragen."

2000 Asylanträge von Syrern

2013 habe Österreich gleichzeitig rund 800 Asylwerber aus anderen EU-Ländern aufgrund von Dublin II zurückbekommen. "Dieses System kostet viel Geld, produziert menschliches Leid und die Asylverfahren brauchen viel Zeit", befindet Korun.

Insgesamt haben im Jahr 2013 etwa 2000 Syrer Asylanträge in Österreich gestellt, von denen 76 Prozent positiv beurteilt wurden. Bis Februar sind erst 179 der 500 Flüchtlinge, die Österreich zusätzlich aus Syrien aufnehmen wollte, ins Land gekommen. Dem Großteil wurde subsidiärer Schutz gewährt, zwei Syrer wurden nach Ungarn abgeschoben, weil sie dort Anträge gestellt hatten. Einige hätten laut BMI eine Verfolgung nicht glaubhaft machen können. 

Weil die meisten Flüchtlinge zuerst in Italien, Griechenland oder Bulgarien landen, sind diese Länder mit der Betreuung und Administration ihres Asylwesens überfordert. Das Uno-Flüchtlingshilfswerk schätzt, dass mindestens 2,4 Millionen Syrer aus ihrem Land flüchten mussten, nur etwa 80.000 wurden bisher in Europa aufgenommen. Der Großteil landet in den meist überfüllten Lagern der Nachbarländer.

Hohe Vergewaltigungsrate

SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach war bis Montag als Vorsitzender der Union für das Mittelmeer auf "Fact Finding Mission". Bis zu 200.000 Flüchtlinge harren etwa im Lager Zaatari in Jordanien ihrer ungewissen Zukunft. Vor allem die Sicherheitslage sei katastrophal, beschreibt Schennach am Telefon seine Eindrücke. "Die Vergewaltigungsrate ist atemberaubend. Die Kinder und Frauen sind die absoluten Opfer dieser Situation", sagt er.

Er fordert ein eigenes Lager für Mädchen und unbegleitete Frauen, das von internationalen Sicherheitskräften überwacht wird. Dass Österreich Flüchtlinge nicht über die Grenzen lässt, sei eine Schande, "darüber brauchen wir gar nicht reden." (Julia Herrnböck Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 11.2.2014)