Alles begann mit Stillstand: Am 12. Februar 1934 wurde der Strom durch die E-Werke abgeschaltet, Straßen- und Stadtbahnen bewegten sich nicht mehr weiter – das vereinbarte Signal für den Beginn eines Generalstreiks. Gleichzeitig waren viele Straßenbahner in die Bürgerkriegs-Kampfhandlungen involviert; die schwersten Gefechte fanden rund um den Betriebsbahnhof Floridsdorf statt.

Die Wiener Linien erinnern zum 80. Gedenktag mit einer Ausstellung an die Rolle der Straßenbahner im Februar 1934 sowie an die Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr. Sehen Sie hier einige der Bilder aus der Schau.

1928, bevor der Konflikt ausgebrochen ist: Ottakringer Straßenbahner vor der Skulptur "Die Unbesiegbaren" im Hernalser Kongresspark. Die Wiener Chauffeure waren traditionell sozialdemokratisch und gewerkschaftlich organisiert. Der linke Freie Gewerkschaftsverband erzielte bei den Personalvertretungswahlen 1932 etwa 90 Prozent der Stimmen.

Foto: Bezirksmuseum Hernals/Wiener Linien

Etwa 15.000 Personen beschäftigten die Städtischen Straßenbahnen Anfang der 1930er Jahre, darunter nur knapp 400 Frauen. Die Arbeitsbedingungen waren widrig: Ein Teil der Fahrerstände war nicht verglast, die Straßenbahner waren daher Wind und Wetter ausgesetzt. Ebenfalls belastend waren die häufig wechselnden Dienstzeiten.

Foto: Wien Museum/Wiener Linien

Wegen der Stromabschaltung am 12. Februar blieben viele Straßenbahnwagen hängen. Am Bahnhof Gürtel halfen die Fahrgäste mit.

Foto: Egbert Leister/Wiener Linien

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Ein so genannter Rüstwagen musste die Straßenbahn in die Remise zurückschleppen – auch eine Folge des Stillstands aufgrund der Stromabschaltung.

Foto: Archiv der Landespolizeidirektion Wien/Wiener Linien

Rund um den Betriebsbahnhof Floridsdorf tobten die Kämpfe in den Februartagen 1934 besonders heftig. Zwei Straßenbahner wurden dort wegen Aufruhrs zum Tode durch den Strang verurteilt, wurden aber später begnadigt. Das Foto zeigt Polizeipräsident Seydel bei einem Lokalaugenschein.

Foto: Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes DÖW/Wiener Linien

In der Hauptwerkstätte Siebeneichengasse in Rudolfsheim-Fünfhaus versammelten sich die Schutzbündler, aus dem geplanten, bewaffneten Marsch nach Ottakring wurde aber nichts. Das Gelände wurde durchsucht, eine große Anzahl von Straßenbahnern verhaftet. Der Werkmeister wurde zu acht Monaten schwerem Kerker verurteilt.

Foto: Wiener Linien

Im Schutzbund gab es eine eigene Nebenorgansation der "Straßenbahnordner". Waren sie für den Schutzbund unterwegs, verwendeten sie ihre Dienstuniform. Der genaue Anteil der Schutzbündler unter den Straßenbahnern lässt sich zwar mangels Daten nicht feststellen, es gibt aber Dokumente wie dieses Foto, das einen Appell vor dem Betriebsbahnhof in Brigittenau zeigt. Die Wiener Linien gehen davon aus, dass in allen großen Bahnhöfen und Werkstätten Schutzbund-Stützpunkte eingerichtet waren.

Foto: Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW)/Wiener Linien

Floridsdorfs Bezirkshauptmann Heinrich Petri notierte am 13. Februar 1934: "Ein trüber, mäßig kalter Wintertag brach (...) gegen 7 Uhr früh an. Schon gegen 6 Uhr früh war der dem Wiener Heimatschutz angehörige Straßenbahnschaffner Heinrich Gehrke (...) zum Kommissariat mit der Meldung gekommen, dass im Floridsdorfer Straßenbahnhof (...) die Vertrauensmänner des Bahnhofes, fremde Schutzbündler und Arbeiter der Hammerbrotwerke versammelt seien." Die Bilanz der Kämpfe, die weniger als eine halbe Stunde dauerten: Sieben Tote, darunter fünf Zivilisten.

Foto: Bezirksmuseum Floridsdorf/Wiener Linien

Auch am Betriebsbahnhof Kagran – der mittlerweile der U-Bahn gewichen ist – starben mehrere Straßenbahner bei Gefechten. Eine Gedenktafel erinnert heute an die Ereignisse des 12. und 13. Februar 1934. 


Anmerkung: Das Bild zeigt den Kagraner Bahnhof ein paar Jahre später in der NS-Zeit. Wie einige User korrekt hinweisen, wurden die Züge mit Hakenkreuzen beflaggt.

Foto: Wiener Linien

Die Straßenbahner hielten auch in der Folgezeit ihre traditionelle politische Stellung aufrecht: "Säet, säet den Sozialismus" verkündete ein Plakat, angebracht am Bahnhof Meidling, anlässlich des 1. Mai. Dass auf die Februarkämpfe eine noch viel dunklere Zeit folgen sollte, konnten sie freilich nicht ahnen (hei/mcmt, derStandard.at, 11.2.2014)


Ausstellung: Die Schautafeln und historischen Dokumente sind im Kundenzentrum der Wiener Linien in Erdberg zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8 bis 15 Uhr, Donnerstag zusätzlich 15 bis 17.30 Uhr. Die Ausstellung dauert bis 8. April.

Foto: Sammlung Niederkorn/Wiener Linien