Markus Bernath

Nikosia/Istanbul - US-Vizepräsident Joe Biden griff zum Hörer und der stellvertretende Außenminister des Landes William Burns auch. Die US-Regierung hat den Neustart der Verhandlungen im geteilten EU-Mitgliedsstaat Zypern bewirkt, sagen politische Beobachter auf der türkischen wie der griechischen Seite der Insel - mit einem Augenzwinkern angesichts der Ukraine-Krise und der Kritik der USA an der schwachen Vorstellung der EU.

Heute, Dienstag, treffen einander die Führer beider Gemeinschaften auf Zypern in der UN-verwalteten Pufferzone. Zypern habe die "bedingungslose Unterstützung der USA für eine gerechte und dauerhafte Einigung", versicherte Biden in einem Gespräch mit Nicos Anastasiades, dem zypriotischen Präsidenten. Burns gab dieselbe Botschaft an Dervis Eroglu, dem Führer der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern.

Eigentlich sollten die Verhandlungen schon im Herbst vergangenen Jahres nach der UN-Generalversammlung in New York beginnen. Doch Eroglu und Anastasiades scheiterten schon an der gemeinsamen Erklärung, die als Kompass für die Gespräche zur Überwindung der Teilung dienen sollte.

"Es gab ein gewisses Vakuum in den Vermittlungen, und die Amerikaner haben das gespürt. Sie haben sich in den vergangenen Monaten mehr und mehr engagiert", sagt Ahmet Sözen, ein Politikprofessor von der Universität in Famagusta im türkischen Norden. Ebenso wie seine Kollegen im griechischen Südteil sieht er Washingtons Interessen in der Energie und der regionalen Sicherheit als treibendes Moment: Vor Zyperns Küste hat ein US-Unternehmen Erdgasvorkommen gefunden. Der Krieg in Syrien ist 200 Kilometer entfernt, Israel ist ein wichtiger Verbündeter für Nikosia geworden, und eine Einigung auf Zypern würde dem Verhältnis zum schwierigen Nato-Partner Türkei neues Leben geben.

In dem Maß wie auf Zypern der Stern des UN-Gesandten Alexander Downer sank, stieg der Einfluss von US-Botschafter John Koenig in Nikosia. Anders als Downer ist Koenig immer vor Ort, heißt es. Der amerikanische Karrierediplomat gilt zudem als zupackend und kennt die Insel aus einer früheren Tätigkeit in den 1990er-Jahren.

"Einheitliche Souveränität"

Den Überredungskünsten der USA, aber auch des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu soll zu verdanken sein, dass die türkisch-zypriotische Führung wieder das Prinzip einer "einheitlichen Souveränität" akzeptierte. Damit ist die politische Vertretung einer möglichen künftigen Föderation von Griechen und Türken auf der Insel nach außen durch einen Präsidenten gemeint.

Das größte Hindernis bei der Einigung auf eine "gemeinsame Erklärung" für die Verhandlungen war damit aus dem Weg geräumt. Unklar ist aber, auf Basis welcher früher erzielter Vereinbarungen diese Gespräche nun beginnen sollen. Neben der politischen Gestalt einer Föderation ist die Zukunft der Siedler vom türkischen Festland wohl das größte Problem.

Teile der Stadt Famagusta sind seit dem Konflikt 1974 verlassen. Nun nimmt die Diplomatie auf Zypern einen neuen Anlauf. F: Reuters/Manolis

 

(Markus Bernath, DER STANDARD, 11.2.2014)