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Mit einem Lächeln begrüßen sich Taiwans Verhandlungsführer Wang Yu-chi (links) und sein chinesischer Gegenpart Zhang Zhijun. Um das heikle Thema Wiedervereinigung wurde beim Treffen in Nanjing ein großer Bogen gemacht.

Foto: AP Photo/Alexander F. Yuan

Die Regierungen von China und Taiwan haben die Aufnahme ihrer ersten seit 65 Jahren direkt geführten offiziellen Gespräche zwischen hochrangigen Vertretern als vertrauensbildenden Schritt begrüßt. Nach Ende ihrer ersten Gesprächsrunde am Dienstag gaben beide Seiten bekannt, sich auf die Einrichtung eines regulären "Kommunikationskanals" geeinigt zu haben. Damit sollen "Austausch, Verständnis und Vertrauen" verstärkt werden. Zuvor hatte die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua das Treffen als "wichtigen Durchbruch" für die Wiederaufnahme eines politischen Dialogs bezeichnet. Formal befinden sich beide "Republiken" seit der Abtrennung Taiwans von China 1949 im Bürgerkriegszustand.

Kein Kommuniqué

Chinas Staatsmedien vermieden es danach, die Gespräche in Nanjing (Nanking) als "historisch" anzupreisen. Taiwans Verhandlungsführer Wang Yu-chi wiegelte ebenfalls ab. Bevor er sich mit seinem chinesischen Gegenpart Zhang Zhijun traf, sagte er, dass es kein Kommuniqué und keine gemeinsame Erklärung geben wird: "Jeder wird für sich seine Presseerklärung veröffentlichen."

Das Parlament (Legislative Yuan) hatte Wangs Mandat stark begrenzt. Er dürfe keine Vereinbarungen unterzeichnen, sich auf keine neuen politischen Ein-China-Formeln oder andere Erklärungen einlassen, die die Souveränität Taiwans verletzen, und auch keine politischen Verhandlungen führen. Grundlage für das Treffen in Nanjing ist der sogenannte Ein-China-Konsens zum Status von Taiwan und der Volksrepublik. Er geht auf eine Vereinbarung zurück, auf die sich 1992 damals noch "halboffizielle" Unterhändler beider Seiten verständigten. Ihre unscharfe Formel besagt, dass sie sich "einem China" angehörig fühlen. Sie lässt offen, wofür dieses China steht, oder wer es vertreten kann. Als konkrete Ziele des jetzigen Treffens hatten beide Seiten gesagt, sie wollen eigene Repräsentanzen in der Volksrepublik und auf Taiwan gründen. Dies soll "so schnell wie möglich" geschehen. Ebenfalls einigten sie sich auf konkrete Verbesserungsvorschläge für Wirtschaft, Handel, Studium und Kulturaustausch.

Brisantes Thema ausgespart

Beobachter hatten keine Signale hinsichtlich dessen erwartet, dass die heikle Frage der Wiedervereinigung auf die Tagesordnung gesetzt würde. Beide Unterhändler haben den Rang von Ministern. Sie könnten den Boden bereiten, damit es am Rande des kommenden Apec-Gipfels in Peking im November zu einem bilateralen Treffen zwischen Chinas Parteichef Xi Jinping und Taiwans Präsident Ma Ying-jeou kommt.

Wang führte das schnelle Zustandekommen des Treffens in Nanjing auf die sich seit 2008 "vorteilhaft" entwickelnden Beziehungen zurück. Das ist klassisches Understatement. 2013 verbuchte Chinas Tourismusbehörde 5,2 Millionen Einreisen aus Taiwan. Im Gegenzug wurden 2,2 Millionen Besuche gezählt. Nach Angaben des chinesischen Economic Observer investierten Taiwans Unternehmen in den letzten 30 Jahren mehr als 100 Milliarden US-Dollar (73,3 Milliarden Euro) in Festland-China. Umgekehrt steht Taiwan für Investoren aus der Volksrepublik erst seit drei Jahren offen. Sie legten dort bisher 800 Millionen US-Dollar an.

Vor diesem Hintergrund kamen am Dienstag die Unterhändler zusammen. Überschattet wurde ihr Treffen von Chinas Umgang mit der Pressefreiheit. Die Behörden verweigerten zwei Taiwan-Reportern der kritischen chinesischsprachigen Apple Daily und des US-Senders Radio Free Asia die Einreiseerlaubnis und Akkreditierung für das Pressecorps, das Taiwans Unterhändler nach Nanjing begleitete. (DER STANDARD, 12.2.2014)