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Julia Mancuso (29) bei ihrem vierten olympischen Medaillentanz.

Foto: APA/EPA/Mabanglo

Julia Mancuso hat diesen speziellen Geist, der sie befähigt, bei großen Anlässen aufzutrumpfen, auch wenn die sportlichen Zeiten dazwischen ziemlich durchwachsen sind. Mit vier olympischen Medaillen ist sie die erfolgreichste alpine Skiläuferin der USA, und sie geht davon aus, dass die Bronzene, die sie in der Kombi hinter Maria Höfl-Riesch und Nicole Hosp gewann, in Sotschi erst der Anfang war.

Die Erklärung für die olympische Stärke klingt einfach: "Ich bin in Squaw Valley aufgewachsen, dort haben alle Kinder von Olympia geträumt. Damals habe ich nicht einmal gewusst, dass es so etwas wie einen Weltcup gibt." 1960, bei den Spielen in Squaw Valley, hatte Ernst Hinterseer im Slalom für Österreichs einzige Goldmedaille gesorgt.

Die Wellen von Maui

Mancuso pflegt ihr Leben aber nicht ausschließlich im Schnee zu verbringen, sondern genießt die Monate zwischen der Arbeit in den Bergen auf Maui, wo sie ein Domizil besitzt. Und sie ist überzeugt, dass ihre hawaiianische Lieblingsbeschäftigung, das Wellenreiten, der Skikunst zugutekommt. Das dazupassende Trockentraining bei angenehmen Temperaturen natürlich auch. Vergangenen Frühling vergnügte sich auch Axel Lund Svindal auf Maui, doch diese Beziehung ist Geschichte. Im Sommer 2008 marschierte "Jules" mit anderen Sportlern auf den Kilimandscharo, um Geld für die Kinderhilfsorganisation Right To Play aufzustellen, 2011 spendete sie einen Teil ihrer Preisgelder für die Opfer des Tsunami im Japan.

Mancusos olympische Reise beginnt 2002 in Salt Lake City mit einem 13. Platz in der Kombi. Seit 2006 hört in Squaw Valley eine Abfahrt auf den Namen "Julias Gold", und Mancuso hat eine Liftkarte auf Lebenszeit. Schuld daran ist, dass sie 2006 in Turin Gold im Riesenslalom gewinnt. Drei Generationen ihrer weitläufigen italienischen Familie sind dabei. Und in der geht es nicht immer fröhlich zu.

1989, Julia war fünf, muss ihr wohlhabender Vater für mehr als sechs Jahre ins Gefängnis. Denn sein Reichtum fußt auf den Einkünften aus der Leitung eines Drogenkartells, das 20 Jahre lang insgesamt 45 Tonnen Marihuana ins Land schmuggelt. Julia und ihre beiden Schwestern besuchen den Vater zweimal im Jahr im Gefängnis, die Beziehung hat sich mittlerweile normalisiert. Der Großvater ihrer Mutter Andrea, benannt nach Andrea Mead Lawrence, die 1952 in Oslo Gold im Riesenslalom und Slalom gewann (die Abfahrt nahm sich Trude Jochum-Beiser), war für Al Capone als Alkoholschmuggler unterwegs.

Mancuso lässt auch die Sommerspiele 2008 in Peking nicht aus. Sie pfeift auf das Schneetraining in der südlichen Hemisphäre und gibt 17 Tage lang die Hauptdarstellerin in der NBC-Serie Rot, weiß und Peking. Eine amerikanische Olympionikin in China.

2010 in Vancouver gewinnt Julia Mancuso Abfahrtssilber hinter Lindsey Vonn und Silber in der Kombi. Früher war Mancuso der Star im US-Team, in Vancouver gibt Vonn diese Rolle, es kommt zum medial ausgetragenen Streit und zur Versöhnung. Mancuso und die um sieben Monate ältere Vonn fahren seit Kindheit gegeneinander, Sotschi sind die ersten Spiele, die Mancuso ohne Vonn aushalten muss. Der Superstar, laut Mancuso "die größte amerikanische Skifahrerin, die wir je hatten", leidet an einer Knieverletzung.

Die Piste von Sotschi

In Sotschi erzählt Mancuso, dass sie im bisherigen Winter stets völlig fertig vor Nervosität war, wenn sie sich am Start einer Abfahrt befand und daran dachte, dass es jetzt mit 80 Meilen die Stunde dahingehe. Das Gefühl löste sich in Luft auf. Spätestens nach der Bestzeit in der Kombiabfahrt. "Jetzt weiß ich, dass ich hier schnell sein kann." Nach der Bronzenen sagt sie, die noch Abfahrt, Super-G und Riesenslalom vor sich hat: "Es ist ein wunderbares Gefühl, dass ich die Medaille habe. Aber ich muss weiterarbeiten. Denn sie ist nicht aus Gold." (Benno Zelsacher aus Sotschi, DER STANDARD, 12.2.2014)