Wien/Stockholm - Kühlt man Herzinfarktpatienten vor einer Ballondilatation (Aufdehnung eines verengten Gefäßabschnittes; Anm.) auf 34,7 Grad Körpertemperatur künstlich ab, verhütet das offenbar auf längere Sicht das Auftreten von chronischer Herzschwäche. Das hat eine skandinavische Studie mit Beteiligung von Wiener Wissenschaftern ergeben, die nun im American College of Cardiology (ACC) veröffentlicht wurde.

"Hypothermie durch kalte Salzlösung und Abkühlung über einen künstlichen Gefäßzugang war (bei akuten Infarktpatienten; Anm.) durchführbar, sicher und reduzierte schnell die Körpertemperatur bei nur einer geringen Verzögerung bis zur Wiederherstellung des Blutflusses (in dem verstopften Herzkranzgefäß; Anm.)", berichten David Erlinge von der Abteilung für Kardiologie der Universität Lund in Schweden und seine Co-Autoren aus Dänemark sowie von der Abteilung Kardiologie und Notfallmedizin der MedUni Wien im AKH.

Positiver Effekt durch geringeren Sauerstoffverbrauch

Beim akuten Herzinfarkt versucht die moderne interventionelle Kardiologie durch eine möglichst schnelle Wiederaufdehnung des verlegten beziehungsweise durch einen Thrombus blockierten Blutgefäßes im Herzen (inklusive Implantierung eines Stents) die Sterblichkeit zu senken und den drohenden Herzmuskelschaden möglichst klein zu halten.

Es geht um die Minimierung des vom Infarkt betroffenen Muskelareals. Hypothermie - die künstliche Abkühlung des Patienten - könnte durch die Verringerung des Sauerstoffverbrauchs hier einen positiven Effekt haben. Ein solcher positiver Effekt gibt es laut einer kürzlich in Wien durchgeführten Studien beispielsweise auch bei Patienten mit plötzlichem Herzstillstand, die reanimiert werden konnten.

In der internationalen Studie wurde bei 120 Patienten mit einem weniger als sechs Stunden vor der Therapie aufgetretenen akuten Herzinfarkt und vor der Ballon-Dilatation per Katheter die Körpertemperatur entweder durch eine schnelle Infusion mit bis zu zwei Litern kalter Salzlösung abgesenkt oder sie erhielten eine Standardbehandlung ohne die Hypothermie. Die Unterkühlung wurde bis eine Stunde nach der Kathetertherapie durchgeführt.

Keine geringere Infarktgröße

Die Unterkühlung führte zu einer Verzögerung bis zur Katheterbehandlung von neun Minuten. Nach 45 Tagen litten drei Prozent der Hyperthermie-Behandelten an einer chronischen Herzschwäche als Folge des Infarkts. In der Vergleichsgruppe waren es 14 Prozent. Was die Infarktausdehnung betrifft, so war zwischen den Patientengruppen keinen signifikanter Unterschied zu konstatieren. Nur bei einer Untergruppe (Vorderwandinfarkt) zeigte sich auch ein positiver Effekt auf die Größe der Infarktnarbe.

Laut den Wissenschaftern sollte die These in größeren Studien neuerlich geprüft werden. Der beobachtete Effekt - so die Annahme der Forscher - könnte auf eine Verringerung des "Reperfusionsschadens" zurückzuführen sein. Er tritt als Schädigung auf, wenn bei einem Gewebe mit zuvor stark reduzierter oder blockierter Blutversorgung die Sauerstoffversorgung plötzlich wiederhergestellt wird. Es handelt sich dabei um eine Arzt Entzündungsreaktion. (APA/red, derStandard.at, 12.2.2014)