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Einst Freunde, heute Kontrahenten: Matteo Renzi (li.) hat Ambitionen auf Enrico Lettas Amt.

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Will er? Oder will er nicht? Nein, hatte Matteo Renzi bisher stets erklärt. Er werde keinesfalls ohne Neuwahl Premier werden. Doch am Mittwoch überschlugen sich in Roms meist von Stillstand geprägter Politszene die Ereignisse.

Ministerlisten machen die Runde

Im Palazzo Chigi kam es zum vermeintlichen Showdown zwischen dem weitgehend glücklos agierenden Premier Enrico Letta und seinem ungestümen Kontrahenten Matteo Renzi (39). Und weil in Rom Inszenierung oft wichtiger ist als Inhalte, fuhr der smarte PD-Parteichef am Steuer eines blauen Smart vor; es brodelte die Gerüchteküche, es wurden Ministerlisten mit Prominenten wie dem Autor Alessandro Baricco und dem Luxottica-Chef Andrea Guerra herumgereicht. Kommentatoren rätselten über die Gründe für Renzis angeblichen Meinungsumschwung, Zeitungen proklamierten verfrüht den Beginn der Dritten Republik.

Was sich die beiden Widersacher zu sagen hatten, blieb im Detail unbekannt, war jedoch kein Geheimnis: Renzi hatte sich schon bisher fast täglich über die "leeren Batterien" des Kabinetts beschwert und auf dessen Umbildung gepocht. Er sei "Opfer von Palastmanövern", klagte der 47-jährige Letta, der sich allen Rücktrittsforderungen vehement widersetzt. Sein Rückhalt im Partito Democratico und in der Wirtschaft ist deutlich geschrumpft.

Machtkampf wird am Donnerstag fortgesetzt

Der Industriellenverband stellte dem zögerlichen Regierungschef die Rute ins Fenster. Und Staatspräsident Giorgio Napolitano zog seine schützende Hand am Dienstag zurück: Die Entscheidung liege nun allein in der Hand der Partei. Beim 90-minütigen Gespräch zwischen Letta und Renzi habe man "posizioni distanti" festgestellt, hieß es kryptisch in einer Aussendung. Letta stellte am Mittwochabend sein neues Regierungsprogramm vor. Damit wird der Machtkampf auf Donnerstagnachmittag vertagt, wenn die Parteileitung tagt (Livestream Rai News).

Silvio Berlusconis Forza Italia und Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung protestieren indes gegen Renzis Versuch, das höchste Regierungsamt ohne Wahlen zu übernehmen. Das oppositionelle Rechtsbündnis, das in Umfragen nun knapp vorn liegt, plädiert für vorzeitige Neuwahlen.

Unterdessen hat in Neapel ein neues Gerichtsverfahren gegen Berlusconi begonnen. Der Expremier wird beschuldigt, Senatoren bestochen zu haben, um den vormaligen Premier Romano Prodi zu stürzen. Der Parlamentarier Sergio De Gregorio hat gestanden, dafür drei Millionen Euro erhalten zu haben. Die Überweisung ist aktenkundig. Berlusconis Anwälte spielen nun auf Zeit: Die Vorladung sei an Berlusconis Villa in Arcore und nicht an den offiziellen Wohnsitz in Rom zugestellt worden. Der Prozess müsse daher wegen eines Formfehlers neu aufgerollt werden. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 13.2.2014)