Auf diesen Moment hatte Klaus Siebert lange gewartet. Als sich die 27-jährige Darja Domratschewa am Dienstagabend den Olympiasieg in der Verfolgung sicherte, jubelte ihr deutscher Trainer am Schießstand mit. "Das hat sie sich so sehr verdient", sagte der Chefcoach der weißrussischen Biathleten. In sich gekehrt nahm der 58-jährige Siebert die Glückwünsche entgegen. Da war die Ungewissheit über die nächste Krebsoperation weit weg. "Das Gold war einer der glücklichsten Momente meiner gesamten Trainerlaufbahn."
Am Tag vor dem Heiligen Abend 2010 wurde ihm ein großes Stück vom Darm entfernt. Zwei Monate später folgten drei Viertel der Leber. Mehrere Chemotherapien musste der Sachse über sich ergehen lassen, ehe er im darauffolgenden Dezember beim Weltcup in Östersund wieder am Fernglas stand und die weißrussischen Skijägerinnen betreute. "Es ist nur eine Momentaufnahme, aber die ist sehr positiv. Ich bin meiner Familie und allen Ärzten und Krankenschwestern unsagbar dankbar, dass ich hier sein kann", bemerkte er damals.
"Wie ein Vater"
Bei einer der vielen Kontrolluntersuchungen fanden die Ärzte Anfang des Olympia-Winters aber wieder etwas Verdächtiges in der Leber und rieten zur erneuten Operation. "Ich hoffe, dass meine Goldmedaille ihm hilft, bald wieder richtig gesund zu werden. Klaus ist ein starker Mann, mit viel Kraft", sagte Domratschewa. Für sie ist Siebert "einer der weltbesten Spezialisten fürs Biathlon-Schießen. Er gibt uns Selbstsicherheit, für mich ist er wie ein Vater. Ich kann mit allen Problemen zu ihm kommen."
Siebert ist seit acht Jahren in Weißrussland engagiert. In seiner aktiven Laufbahn war er für die DDR Weltmeister und Weltcupsieger. Als Trainer formte er unter anderem den Deutschen Ricco Groß zu einem der erfolgreichsten Biathleten. Von 2002 bis 2005 war er als Schießtrainer beim österreichischen Skiverband tätig.
Siebert sagte in Sotschi zu Domratschewa: "Keine Sorge, wir schaffen jetzt auch noch den anderen Sieg." (sid, red, DER STANDARD, 13.2.2014)