Friedrich Wilhelm Murnau, "Die privaten Fotografien. 1926-1931". € 35, - / 100 S., Schirmer/Mosel-Verlag, München 2014

Foto: Friesenbichler

Unter den deutschen Regisseuren der Stummfilmära gilt Friedrich Wilhelm Murnau als geheimnisvoll. Das liegt nicht nur daran, dass sein OEuvre von 21 Filmen zur Hälfte als verschollen gilt, sondern auch an der Zurückhaltung, der bewussten Diskretion in Bezug auf Privates. Luzide Einblicke in seine persönliche Sphären-, Gefühls-, Gedanken- und Bilderwelt gewährt die Aufarbeitung des Nachlasses. Interessant in dem Zusammenhang, durchaus überraschend, erscheinen gerade aufgrund der Verschlossenheit zeit seines Lebens die sehr offensiven und hocherotischen Fotografien, die sich in seinen Alben fanden. Obwohl Murnau nie ein Geheimnis aus seiner Homosexualität gemacht hatte, überrascht die Direktheit der Porträts, die er in Berlin, den USA und der Südsee von meist sehr jungen Männern gemacht hat. Nackt setzte er den Helden seiner Filme, Hans Jahnke, in Berliner Auen sowie "schöne Unbekannte" in kalifornischen Atrien, Pools sowie an den Gestaden Tahitis in Szene. Erratisch-sinnlicher Erotik ergeben.

Es sind sehr persönliche Erinnerungen, in die man wie in eine verwunschene Zauberkiste eintaucht. Einblick gewährend in seine poetische Annäherung.

In Erinnerung ist Murnau auch heute noch mit seinen Klassikern Nosferatu und Der letzte Mann mit Emil Jannings. Bereits 1927 emigrierte er in die USA. Für Sunrise wurde er mit drei Oscars bedacht. Während der Dreharbeiten für Tabu, das von den mit ihm befreundeten Malern Gauguin und Matisse inspiriert war, starb er bei einem Autounfall.

Der Mythos bleibt bis heute erhalten. Vielleicht aber lassen die privaten Fotoserien, in denen man auch Ernst Lubitsch, Douglas Fairbanks jr., George O'Brien und Johnny Weißmüller begegnet, eine neue Sichtweise zu. Eine, die dem Perfektionisten magischer Lichtmontagen in Einklang mit Fantasie und Utopie gerecht wird. (Gregor Auenhammer, Album, DER STANDARD, 15./16.2.2014)