New York/Hamburg - Nach der Übernahme der Verantwortung für den Anschlag von Lockerbie hat Libyen Medienberichten zufolge auch eine Entschädigung für den Terrorakt in der Berliner Diskothek "La Belle" angekündigt. Tripolis habe der deutschen Regierung seine Bereitschaft signalisiert, Schadenersatz für den Anschlag von 1986 zu leisten, berichtete das Nachrichtenmagazin "Spiegel" am Wochenende. Libyen hatte zuvor bereits einem Entschädigungsfonds in Höhe von 2,7 Milliarden Dollar (2,40 Mrd. Euro) für die Hinterbliebenen der 270 Lockerbie-Opfer zugestimmt.

Die Regierung in Tripolis übernahm zudem offiziell die Verantwortung für den Anschlag von Lockerbie und machte damit den Weg frei für eine Aufhebung der internationalen Sanktionen. Die USA und Großbritannien bestätigten nach Angaben des britischen UN-Botschafters Emyr Jones Perry, dass Libyen die Bedingungen für ein Ende der UN-Strafmaßnahmen erfüllt habe.

Sanktionen

Zu den Voraussetzungen für ein Ende der Sanktionen gehören auch eine Verurteilung des Terrorismus sowie die Offenlegung aller Informationen über den Terrorakt vom Dezember 1988. Bei dem Anschlag auf eine Pan-Am-Maschine über der schottischen Ortschaft Lockerbie waren alle 259 Insassen und elf Menschen am Boden ums Leben gekommen. Die UN erhöhten mit den Sanktionen, die ein Verbot von Waffenexporten nach Libyen und den Stopp von Flugverbindungen einschließen, 1992 den Druck auf Tripolis, die mutmaßlichen Attentäter auszuliefern. Die Sanktionen wurden nach der Auslieferung zweier libyscher Geheimagenten 1999 auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Einer der Angeklagten wurde 2001 von einem schottischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt, der zweite freigesprochen.

Das Berliner Landgericht hatte im November 2001 den libyschen Geheimdienst für den Anschlag auf die Diskothek "La Belle" im Jahr 1986 verantwortlich gemacht, bei dem drei Menschen getötet und mehr als 200 verletzt wurden. Laut "Spiegel" arbeitet eine Gruppe von Anwälten, die 67 der nicht-amerikanischen Opfer vertritt, mit Juristen des Auswärtigen Amtes an einer Entschädigungslösung. In die Verhandlungen sei auch der libysche Botschafter in Berlin eingeschaltet. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes verwies auf AP-Anfrage lediglich "auf die bekannte Haltung der Bundesregierung", dass von Libyen erwartet werde, seiner Verantwortung in diesen Fragen umfassend gerecht zu werden.

500.000 Euro pro Verletztem

Dem "Spiegel" zufolge fordern die Anwälte der so genannten "Interessengemeinschaft Entschädigung für die La-Belle-Opfer" pauschal 500.000 Euro für jeden Verletzten. Der Betrag solle später entsprechend der Schwere der Verletzungen aufgeteilt werden. Die Familie einer bei dem Anschlag getöteten Türkin und der ehemalige Eigner der Discothek sollen jeweils eine Million Euro erhalten. Voraussetzung sei bisher nicht, dass Libyen sich ausdrücklich zu den Anschlägen bekenne, heißt es in dem Bericht. Einer der Sprecher der Interessengemeinschaft, der Berliner Rechtsanwalt Burkhard J. Kötke, zeigte sich dem Magazin zufolge zuversichtlich, dass die Angelegenheit noch in diesem Jahr abgeschlossen werde. (APA/AP)