"Den fleißigen Studenten, der in der Nacht kellnert, dann pünktlich genug für die Vorlesungen aufsteht und danach immer noch die Energie hat, den Stoff zu lernen und vor allem auch zu verarbeiten, den gibt es nicht", findet die 25-jährige Linda, Studentin an der Uni Wien, denn: "Das größte Problem an den Nebenjobs ist die Zeiteinteilung."

Dabei hat Linda Glück. Denn im Vorjahr konnte sie die Arbeit mit dem Studienplan so vereinbaren, dass sie mehr Vorlesungen als in anderen Jahren besuchte und daher auch einen entsprechenden Studienerfolg vorweisen kann: Die Eltern springen deswegen ab Herbst für die Studiengebühren von 363,30 Euro pro Semester ein. Bisher hatte Linda 400 Euro elterliche Unterstützung für die Miete und den Lebensunterhalt erhalten. Den Rest verdiente sie "mit verschiedenen Jobs auf Honorarbasis" dazu - und kam auf etwa 300 Euro für 20 bis 30 Stunden Arbeit. Sie gehört zu jenen zwei Dritteln an Studierenden, die nebenbei arbeiten - ist aber mit einem Einkommen von unter 780 Euro nach EU-Standards armutsgefährdet.

Billigere Fachkräfte

Ein besserer Job sei unrealistisch. "Die meisten Seminare in meinem Fach finden am Vormittag oder am frühen Nachmittag statt", sagt die Studentin der Katholischen Theologie: "Ich kann mir also schwer einen Job mit fixen Arbeitszeiten suchen. Studentinnen wie ich", meint Linda, "sind für viele Leute wie billigere Fachkräfte: Wir haben ein relativ hohes Niveau, nehmen alles, haben aber noch keine fertige Ausbildung." Sie berichtet von einem ihr bekannten Germanistikstudenten, der einen Sommer lang als Küchenchef bei einem Festival jobbte: "Er hat es wirklich gut gemacht, bekam aber einen Bruchteil vom Gehalt jedes gelernten Kochs."

Besonders GeisteswissenschafterInnen seien in Gelegenheitsjobs - wie Telefonmarketing, Nachhilfestunden, Babysitting oder Zettelverteilen - zu finden mit Netto-Stundenlöhnen von nicht mehr als sieben Euro: "Was soll ich denn als Theologiestudentin für ein Praktikum machen?", fragt Linda, bei der hinzukommt, dass sie sich - weniger lukrativ als zeitintensiv - für die Hochschülerschaft und deren Publikationen engagiert: "Man soll ja heutzutage recht viel lernen. Also mache ich das, was mich interessiert: Theologie, Schreiben und Politik."

Leichter wäre es, "wenn ich eine Tante in Wien hätte, die mir die Wohnung billig oder gratis überlässt, oder Bekannte mit guten Verbindungen, die mir besser bezahlte Jobs vermittlen", meint die gebürtige Linzerin. Bei nicht ganz so optimalen Startbedingungen sei das studentische Leben aber eher kostspielig: "In meinem Freundeskreis ist die Frage, ob jemand Geld hat, überflüssig, weil eben niemand Geld hat", meint Linda.

Dem 23-jährigen Betriebswirtschaftstudent Robert geht es ähnlich. "Anfangs studierte ich noch Politikwissenschaften dazu. Das musste ich aber aufgeben, weil es sich nicht ausging", erklärt er. "Natürlich" könne man, wenn man etwa einen Wochenend- oder Nachtjob hätte, "ganz viele Seminare absolvieren, aber dann hat man überhaupt keine Freizeit mehr", meint Robert, dessen Eltern wie die von Linda zu viel verdienen, um Studienbeihilfe für ihre Kinder zu beziehen und zu wenig, um ihnen das Studium finanzieren zu können.

Robert verdient bei einer Cateringfirma 500 Euro dazu, sieht sich aber öfters quasi vor die Wahl "entweder Prüfung oder Job" gestellt. Denn die Dienstpläne werden fünf Wochen im Voraus eingeteilt "und Prüfungen manchmal viel kurzfristiger". Ein paar Mal habe er sich da schon für den Job entschieden, weil er ihn braucht - obwohl er dort alle drei Jahre für ein paar Wochen gekündigt wird, weil sonst eine Abfertigung, Weihnachts- und Urlaubsgeld anfallen würden. (east/DER STANDARD, Printausgabe 18.08.2003))