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Auszeiten: Kein Rechtsanspruch, keine strikte Regelung: Also besser sorgfältig vereinbaren.

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Ein Sabbatical nehmen, auf Weltreise gehen, für die Familie da sein, ein Buch schreiben –Träume, die mehr und mehr Arbeitnehmer verwirklichen wollen und zu deren Verwirklichung auch mehr und mehr Arbeitgeber beitragen (wollen). Voraussetzung ist das Schaffen klarer organisatorischer und rechtlicher Rahmenbedingungen, über die Anna Mertinz (Rechtsanwältin, Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte) und Peter Rieder (Arbeitswelten Consulting) informieren:

Auszeit

Ursprünglich war das Sabbatical ein Freisemester für Forschungen. Das Wort entstammt der Thora und wird im Deutschen mit "Sabbatjahr" übersetzt. Gemeint ist eine Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht ohne Beendigung des Dienstverhältnisses für einen längeren Zeitraum.

Sabbatical-Varianten

Sabbaticals sind Langzeitmaßnahmen. Sie bestehen aus einer Vorbereitungsphase und einer Freizeitphase. Sabbaticals sind nicht geeignet, um auf kurzfristige Bedarfe zu reagieren. Dazu gibt es andere Mittel und Wege. In der Praxis haben sich zwei Formen etabliert – die Ansparvariante und die Entgeltreduktionsvariante:

1. Ansparen von Zeitguthaben

Der Arbeitnehmer "sammelt" über einen definierten Zeitraum Überstunden, die er dann "gebündelt" während einer Freizeitphase konsumiert. Dieses Modell kann bei schwankender Auftragslage über einen längeren Zeitraum hinweg interessant sein und die Motivation durch den Ausblick auf eine anschließende Ruhephase fördern. Vorsicht ist im Hinblick auf die Einhaltung der Arbeitszeitgrenzen und das Vermeiden von "Stundenhamstern" geboten. Bei All-In-Mitarbeitern scheidet dieses Modell aus.

2. Reduktion des Entgelts

Hier wird nicht die Arbeitszeit geändert, sondern am Entgelt geschraubt – bei gleichbleibender Arbeitsleistung wird das Entgelt über einen definierten Zeitraum reduziert. Das so erarbeitete "Entgeltguthaben" wird dem Arbeitnehmer während der Freizeitphase bezahlt. So kommt es zu keiner Mehrbelastung durch erhöhte Stundenzahl. Die Berechnung des jeweils gebührenden Entgelts kann (zB bei zwischenzeitigen Stufensprüngen, Biennalsprüngen und KV-Erhöhungen) komplex sein. Dieses System hat sich in der Praxis dennoch als leichter handhabbar und transparenter erwiesen und ist zudem auch bei All-In-Mitarbeitern möglich.

Organisatorisches

Nur wenn die organisatorischen und kulturellen Voraussetzungen für das Anbieten und die Umsetzung von Sabbaticals gegeben sind, macht deren Einführung Sinn.

Grundsätzlich sind Sabbaticals in Organisationen mit homogenen Aufgabengebieten leichter umzusetzen als in Unternehmen mit sehr differenzierten Expertenaufgaben, für die es kaum Ersatz gibt und längere Abwesenheiten die Betriebsabläufe stören. Für eine erfolgreiche Umsetzung braucht es vor allem auch Willen und geschulten Umgang seitens der Führungskräfte.

In organisatorischer Hinsicht überlegt werden müssen insbesondere Themen wie Adressatenkreis (welche Mitarbeiter können ein Sabbatical in Anspruch nehmen?), Anmeldemodus (wann, wie, wo ist der Wunsch nach einem Sabbatical bekannt zu geben?), Unternehmenskultur (ist das Unternehmen ausreichend offen für solche Auszeiten?) sowie Vertretung- bzw. Nachbesetzungsmanagement.

Wesentlich ist auch, dass während der Freizeitphase der Kontakt zum Betrieb bestehen bleibt und die Zeit nach der Rückkehr geregelt ist. Die Angst vor einer Kündigung nach dem Sabbatical hält viele Arbeitnehmer von der Inanspruchnahme solcher Angebote ab. Dem könnte durch einen vertraglichen Kündigungsschutz entgegen gewirkt werden. Andererseits müssen auch die Interessen des Arbeitgebers bedacht werden, da dieser für die Zeit der Freizeitphase einen Ersatz finden muss, sodass ein Einsatz in der Position vor der Freizeitphase vielleicht nicht mehr möglich ist. Für solche Szenarien müssen rechtzeitig rechtlich korrekte Maßnahmen vereinbart werden.

Rechtliches

Passen die organisatorischen und kulturellen Rahmenbedingungen, müssen nur noch die rechtlichen Aspekte geklärt werden. Sabbaticals sind derzeit nicht gesondert geregelt. Einige Kollektivverträge sehen Regelungen und Mustervereinbarungen vor, die als Grundlage dienen können. Kollektivvertragliche und gesetzliche Bestimmungen, insbesondere das Arbeitszeitrecht, sind einzuhalten.

Arbeitnehmer haben keinen Rechtsanspruch auf ein Sabbatical und genauso darf ein Arbeitnehmer nicht zu einem Sabbatical gezwungen werden. Sabbaticals sind daher Vereinbarungssache. Die Sozialversicherungspflicht bleibt auch während der Freizeitphase aufrecht. Unter Umständen kann die Beitragsgrundlage schwanken - hier ist auf eine gute lohnverrechnerische Handhabung zu achten.

Das Gleichbehandlungsgebot ist selbstverständlich auch beim Anbieten Sabbaticals einzuhalten. Es darf zu keiner Ungleichbehandlung ohne sachliche Rechtfertigung kommen. Es ist aber zulässig, Bereiche oder Positionen, wo Auszeiten nicht oder nur in geringem Umfang möglich sind, zu definieren.

Nicht ohne Einzelvereinbarung

Im einzelnen Anlassfall sollte unbedingt eine Einzelvereinbarung mit dem Mitarbeiter abgeschlossen werden. Das erspart Probleme während oder nach dem Sabbatical. Darin ist insbesondere Folgendes zu klären:

  • Beginn und Ende der Vorbereitungsphase und der Freizeitphase
  • Lage der Arbeitszeit in der Vorbereitungsphase
  • Entgeltreduktion bzw. Mehrarbeits- und Überstundenzuschläge während der Vorbereitungsphase
  • Entgelt während der Freizeitphase
  • Urlaub in der Freizeitphase (z.B. Gilt dieser als konsumiert oder gebührt er zusätzlich?)
  • Modus zur Abänderung oder vorzeitigen Beendigung der Vereinbarung, Widerrufsvorbehalte
  • Regelung für den Fall einer längeren Erkrankung oder Zeiten eines Beschäftigungsverbotes während der Freizeitphase
  • Hinweis auf Nebentätigkeitsverbot und Geheimhaltungsverpflichtung während der Freizeitphase
  • Regelung für die Zeit nach dem Sabbatical, eventuell Versetzungsvorbehalt oder Kündigungsschutz
  • Nutzung von Betriebseigentum wie Mobiltelefon, Laptop, Firmenwagen während der Freizeitphase
  • Regelungen zur Aufrechterhaltung des Kontakts und Maßnahmen für die Wiedereingliederung.

(derStandard.at, 18.02.2014)