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Auf allen erdenklichen Datenträgern wurde das Material vertrieben. Online gab es sogar Kundenrezensionen.

Foto: Reuters / Heinz-Peter Bade

Der Mann hinter dem kanadischen Videoverleiher Azov Films kann sich nicht mehr verstecken. Brian Way aus Toronto ist die zentrale Figur in der Untersuchung "Projekt Spaten" der kanadischen Polizei, die im vergangenen November einen internationalen Kinderpornoring sprengte.

Der 42-Jährige wird beschuldigt, sexuell explizite Bilder und Filme vom Kleinkindern bis zu Teenagern produziert, verteilt, besessen und exportiert zu haben. Seine Firma Azov Films ist heute in Deutschland in aller Munde, weil deren Aktivitäten zum Verdacht gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy und zu einer hitzigen Kontroverse zwischen den Parteien führten.

Kunden in 94 Ländern

Brian Way verkaufte sein Material in 94 Ländern und verdiente damit rund 2,6 Millionen Euro. Für die Polizei in der Großstadt Toronto war es der größte Fall auf diesem Gebiet - und der entsetzlichste: Hunderttausende von Bildern zeigten "schrecklichen sexuellen Missbrauch, etwas vom Schlimmsten, was Polizeibeamte gesehen haben", sagte Joanna Beaven-Desjardins, die der Sonderabteilung für Sexverbrechen der Polizei in Toronto vorsteht.

Mit seinem Kinnbart und dem gepflegten Haarschnitt fiel Brian Way in der Industriezone im Westen Torontos nicht auf, wo sich das Büro von Azov Films hinter einer verspiegelten Tür befand. Jeden Morgen, so berichtete die Zeitung Toronto Star, habe er sich in Jeans und Sweatshirt einen Kaffee bei Tim Hortons geholt. Es ist ein Klischee, aber der Postbote fand Brian Way charmant, und die Angestellte seiner Bank heuerte ihn sogar als Hochzeitsfotografen an.

Es waren aber ganz andere Bilder, mit denen Brian Way das große Geld machte: Als die Polizisten im Mai 2011 sein Büro in einem Wohnblock nahe dem Gardiner Expressway durchsuchte, fanden sie so viel Material, dass es aufeinandergeschichtet einem Papierstapel in der Höhe von 15 Aussichtstürmen entsprochen hätte.

Durch Karateschulen angelockt

Die Durchsuchung fand statt, nachdem sich ein verdeckter Ermittler als "Kunde" eingeschlichen hatte. Der Ermittler war erstaunt, wie groß der Bilderbestand des Internetanbieters war. "Eine der größten Sammlungen von Kinderpornografie, die wir je gesehen haben", nannte es die Polizei.

Laut den Ermittlern war Brian Way sehr vorsichtig, um nicht mit seinen dunklen Geschäften erwischt zu werden. Er habe täglich zehn bis fünfzehn Kaufangebote für Pornomaterial abgelehnt. Der Kanadier versandte auch einschlägige DVDs per Post.

Seine Webseite war ähnlich wie jene von Amazon aufgebaut, mit Hitlisten und Kundenrezensionen, einem Suchkatalog und digitalen Downloads. Allein im Jahr 2010 sollen mehr als drei Millionen Benutzer die Webseite aufgesucht haben. Den Kunden wurde versichert, dass keiner der Filme gegen die Gesetze in Kanada oder den USA verstoße. Die Filme von nackten und halb nackten Jungs, viele aus Rumänien und der Ukraine, verkaufte Way als Material für FKK-Anhänger.

Die rumänischen Kinder etwa wurden durch Karateschulen angelockt und dann für sexuell explizite Aufnahmen ausgebeutet.

Schon 2006 im Visier

Die kanadischen Ermittler hatten Brian Way schon früher im Visier. Im Jahr 2006 untersuchte die Polizei seine Firma, wegen Mangels an Beweisen wurde das Verfahren aber wieder eingestellt. Seither hat sich die Sachlage drastisch geändert.

Way wurde im Mai 2011 verhaftet und befindet sich seither im Untersuchungsgefängnis. Die Polizei beschuldigt ihn auch, eine kriminelle Organisation unterhalten zu haben. Seine Mutter Sandra Waslov, die in den USA vermutet wird, soll nach Polizeiangaben ebenfalls darin verwickelt sein.

Unter seinen Kunden befanden sich Ärzte, Lehrer, Polizeibeamte, Pfadfinderführer, Pflegeeltern, Priester, Krankenpfleger und Sporttrainer. Als die Polizeibehörden in vielen Ländern zuschlugen, wurden 348 Leute verhaftet. Die Zahl der Opfer ist allerdings viel höher: Bisher konnte die Identität von 386 missbrauchten Kindern, die meisten davon Buben, auf der ganzen Welt eruiert werden. (Bernadette Calonego, DER STANDARD, 19.2.2014)