Banknoten für exotische Länder sollten die OeBS über Wasser halten.

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Wien - Mulmig sei es ihm zumute gewesen und schon beim ersten Auftrag aus Aserbaidschan habe er es "für möglich gehalten, dass die Provisionen, die die Gelddruckerei zahlte, Schmiergeld waren". Mit diesen Worten fasste Michael Wolf, der ehemalige Geschäftsführer der Banknotendruckerei OeBS am Mittwoch am Ende seiner Einvernahme durch Richter Georg Olschak seine Gefühle und sein Geständnis zusammen.

Der fast 70-Jährige war als Erster an der Reihe, bekannte sich u. a. der Bestechung schuldig - und seine Anhörung stellte offensichtlich nicht nur ihn auf eine harte Probe. Schon in der Einvernahme durch den Staatsanwalt hatte Wolf sich geständig gezeigt; er belastet auch seinen früheren Kollegen in der Geschäftsführung, Johannes Miller, und Wolfgang Duchatczek, den Ex-OeBS-Aufsichtsratschef und Vizegouverneur der OeNB. Die beiden und die Vertriebsmanager P. und T. werden in der Causa gemeinhin als "kleiner Kreis" bezeichnet.

Erinnerungslücken

M. und Duchatczek bestreiten die Vorwürfe - an Wolfs Aussage hängt also sehr viel. Für die Mitangeklagten ebenso wie für die Anklagebehörde, die sich auf Wolfs Geständnis und jenes der Exvertriebsmanagerin T. stützt.

Wolf, früher Chef des OeNB-Rechnungswesens, war 2004 aus der Pension zurückgeholt und in die OeNB-Tochter gesetzt worden; die hatte damals schlimme Verluste aus Singapur-Dollar-Aufträgen zu verdauen. Bei der Geschäftsanbahnung habe er, Wolf, sich aber nicht ausgekannt, da verließ er sich auf seine Mitarbeiter T. und P. aus dem Vertrieb und den Sonderbeauftragten aus der Münze Österreich - die nun alle auch auf der Anklagebank sitzen.

Jedenfalls, so Wolf, dessen Anhörung sich wegen akustischer und anderer Verständnisprobleme sowie Erinnerungslücken recht zäh gestaltete, hätte man die Aufträge aus Aserbaidschan und Syrien ohne die Aufschläge von 20 bzw. 14 Prozent nie bekommen. Wolf im Lauf der Verhandlung auf die Frage, warum er dieses Thema, das es ihm so mulmig werden ließ, weder mit Anwälten noch in privatem Kreis besprochen habe: "Wir wollten das Angebot haben. Ich habe abgewogen zwischen meinem Gefühl, dass nicht alles sauber ist und dem Wissen, dass die OeBS ohne diese Aufträge zusperren muss. Ich wollte, dass das Unternehmen überlebt."

Geldempfänger unbekannt

Stundenlang sondierten der Richter und später Staatsanwalt Volkert Sackmann und die Anwälte der übrigen Angeklagten, die Frage, wer was wann gewusst hat bzw. hätte wissen müssen. Erst spät, nach Widersprüchen und Missverständnissen antwortete der OeNB-Pensionist (die Betriebspension wurde ihm freilich gestrichen; diese Sache wird vor dem Arbeitsgericht verhandelt) auf die Frage, ob die Provisionen "in kleinem Kreis offener besprochen" worden sein eindeutig: "Ja. Wir haben darüber geredet, dass wir nicht wissen, was mit dem Geld passiert. Aber man hat uns gesagt: Macht's weiter mit dem Projekt." Wer das gesagt habe?, wollte die Privatbeteiligtenvertreterin der OeNB, Irene Welser, wissen. Wolf: "Der Vizegouverneur". Zwei Worte, die bei Duchatczek, der gleich neben dem Zeugenstand sitzt, für heftiges Kopfschütteln sorgten und bei seinem Anwalt, Herbert Eichenseder, für einen zynischen Einwurf: "Und das hören wir nach vier Stunden zum ersten Mal."

Wolfs Aussagen sowie die Protokolle und Mails, die auf eine Leinwand projiziert wurden, ließen eines jedenfalls zu: einen tiefen Blick in ein österreichisches Biotop. Da tauchen Rechnungen der Briefkastenfirma Venkoy über 1,9 Mio. Euro auf, die gerade einmal zwei Worte für die Leistung ("Akquisition Aserbaidschan") beinhalteten. Der Richter ratlos: "Und für dieses Zetterl überweisen Sie fast zwei Millionen?"

Nett auch der Besuch der Venkoy-Präsidentin Erika R. aus der Schweiz: Die Frau mit der E-Mail-Adresse "Tiger Lily" wurde durch die Gelddruckerei geführt. Ihren Geschäftspartnern in Wien verrechnete sie dafür nur die Spesen, denn: "Der ganze Aufenthalt war ja eigentlich Vergnügen und nicht Arbeit." (Renate Graber, DER STANDARD, 20.2.2014)