Leicht hat es Josef Ostermayer derzeit gewiss nicht. Statt als frischgebackener SP-Kulturminister frohgemut von Premiere zu Vernissage zu wandern, hat er gleich zum Amtsauftakt die Burgtheaterkrise am Bein, muss Ängste nehmen, Misstrauen abbauen, emotionale Wogen glätten, Kommunikation in Gang setzen, Brücken bauen, kühlen Kopf bewahren. Und, vor allem: sparen. 

Wie ÖVP-Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner, der völlig zu Recht mindestens eine Milliarde für die Hochschulen einfordert, könnte sich auch Ostermayer von Anfang an mutig für die Kunst positionieren und beim Finanzminister um eine längst fällige Erhöhung des Kulturbudgets (nicht nur für die Burg) anstellig werden. Doch blöderweise ist Ostermayer hauptberuflich Kanzleramtsminister und als solcher verantwortlich für des Kanzlers Idealplatzierung auf der nach oben offenen Popularitätsskala der öffentlichen und veröffentlichten Meinung. Und, ja, der laue Wind auf dem Boulevard dreht sich schnell, wenn es um Geld – zumal für die Kunst – geht.

In Krisenzeiten muss überall gespart und sorgsam gewirtschaftet werden, klarerweise auch in der Kunst. Auch an der Verteilungsgerechtigkeit zwischen den großen Kulturtankern und den kleinen Institutionen ließe sich noch allerhand verbessern; die meisten Kunstschaffenden sind arme Hunde,  ihr mittleres Einkommen beträgt nicht einmal 5000 Euro netto, bei Literaten gar nur 2600 Euro. Pro Jahr. Nicht pro Monat.

Ob es ihnen allerdings besser ginge und es ein kulturpolitisch sinnvoller Akt der Sparsamkeit und Umverteilung wäre, wenn man einfach eine Avantgardebühne wie das Kasino am Schwarzenbergplatz von der Wiener Theaterlandschaft wegradiert, ist fraglich.

Roland Schimmelpfennig, einer der meistgespielten deutschsprachigen Dramatiker, bezeichnete im STANDARD-Gespräch die Schließung der Bühne, so es denn wirklich dazu käme, als eine "kulturpolitische Bankrotterklärung". Herr Schimmelpfennig lebt ganz offenbar  in anderen Verhältnissen: Während man nämlich in Wien  ernsthaft daran denkt, ein Theater zu schließen, kauft der Bund in Berlin Das Haus der Berliner Festspiele. Kulturstaatsministerin Monika Grütters nannte es in der Zeitung "Die Welt" ein "gutes Signal für die Kulturszene Berlins und Deutschlands".

Es stimmt schon, es gibt keinen gesetzlichen Auftrag, wonach das Burgtheater eine dritte Bühne bespielen, sich der Avantgarde und neuen Theaterformen wie dem Nature Theatre of Oklahoma widmen muss. Genauso wenig allerdings gibt es einen gesetzlichen Auftrag, der besagt, dass die Kostümschneiderinnen und -schneider der österreichischen Bundestheater ihrem Handwerk auf rund 5000 Quadratmetern in teuerster Wiener Innenstadtlage nachgehen müssen und nicht irgendwo an der Peripherie.

Würden die Werkstätten ausziehen, spräche auch nicht allzuviel dagegen, dass die Bundestheaterholding und deren Tochtergesellschaft Art for Art in günstigere Stadtlagen übersiedelten. Doch dagegen wehren sich deren Chefs. Bundestheater-General Georg Springer sagte im STANDARD-Gespräch, die Burg könne nur aus den Assets der Burg saniert werden. Er vergaß allerdings anzufügen, was er im ORF-"Kulturmontag" outete: dass nämlich auch die Staatsoper drastisch unterfinanziert und die Volksoper am Rande des Überlebens sei. Da wäre die Ablöse fürs Kasino nicht einmal ein kleiner Sanierungstropfen auf dem brandheißen Stein.

Auch Josef Kirchberger, Art-for-Art-Geschäftsführer, will im Hanuschhof bleiben: Man schlachte doch nicht die Kuh, die Milch gibt. Eh. Man muss die Kuh ja auch nicht schlachten, sondern sie möglichst gewinnbringend versilbern. Sei es durch Verkauf oder Vermietung. Denn sonst wird die Kunst auf dem Schlachtfeld geopfert. Burgtheaterchef Matthias Hartmann macht unbestritten Fehler. Das Kasino am Schwarzenbergplatz retten zu wollen, wäre jedenfalls keiner. (Andrea Schurian, derStandard.at, 20.2.2014)