"The Order: 1886" soll im Herbst für PlayStation 4 erscheinen.

Foto: Ready at Dawn/Sony
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Die Verlockung des Films ist es, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Durch eine Linse betrachtet, wird selbst Schreckliches erträglich und Kitsch wünschenswert. Die Schöpfer von The Order: 1886 setzen ihren Fokus auf eine düstere Vision des historischen Englands und nutzen moderne Techniken, um ein cineastisches Erlebnis spielbar zu machen.

Die Mutation der Menschheit

Die Wurzeln der Erzählung reichen zurück bis ins 7. Jahrhundert, als sich von den Menschen eine Mutation abspaltet und ein erbarmungsloser Krieg um Ressourcen entfacht. Die "Half-Breeds" sind deutlich stärker und können die Menschen dadurch immer weiter dezimieren. Ein Ungleichgewicht, dass die Gejagten erst mit der industriellen Revolution und der Erschaffung mächtiger Waffen ausgleichen können.

Spieler schlüpfen in die Rolle des Ritters Sir Galahad, der im Bund Gleichgesinnter nicht nur die Bestien der Dunkelheit zurückschlagen muss, sondern auch mit den zunehmenden gesellschaftlichen Problemen konfrontiert wird. Die Kluft zwischen Reich und Arm rächt sich in Form eines Bürgeraufstands. In den Schuhen der Elite drängen sich moralische Zerwürfnisse auf.

Eine Welt aus Grautönen

"Man startet als Held, doch mit der Zeit wird man dazu gebracht, sein Handeln zu hinterfragen", erklärt Ru Weerasuriya im Gespräch. Als einer von drei Mitbegründern des Herstellers Ready at Dawn ist er für die kreative Ausrichtung zuständig. Die Gechichte des Spiels soll Probleme gesellschaftlicher Zweiteilung widerspiegeln. "Das Spiel soll diese Realität widerspiegeln. Es gibt nichts rein Böses und auch nichts rein Gutes. Wir neigen sehr oft dazu Geschichten zu schreiben, die schwarz-weiß malen und auf moralische Ambiguität verzichten. Der Grund, weshalb die Rebellen und die Mutanten im Spiel sind, ist, dass sie aufzeigen sollen, dass die Welt aus Grautönen besteht. Ich hoffe, dass sich Spieler dadurch besser mit der Situation identifizieren können. Denn man ist im spiel niemals ganz im Recht und auch nie komplett im Unrecht mit seinen Taten."

Der moralische Zwiespalt und die erbarmungslosen Gefechte dieser Dystopie werden mit einem filmischen Realismus inszeniert, der an die Epen "Uncharted" und "The Last of Us" des vielfach ausgezeichneten Studios Naughty Dog erinnert. Mit der Entscheidung, exklusiv für Sonys neue PlayStation 4 zu entwickeln, werden diese Techniken jedoch weiter als bisher ausgereizt.

Video: Trailer zu "The Order: 1886"

Ein Set wie im Filmstudio

Gefühlsregungen sind den Protagonisten von der runzelnden Stirn und den wässrigen Augen genauso abzulesen, wie die britischen Witterungsverhältnisse von den Furchen in der Gosse und den Prunkbauten Londons, die in monatelanger Forschung authentisch nachgebaut wurden. Der Übergang zwischen Erzählsequenzen und Gameplay erfolgt stufenlos. Wie ein Kinofilm wird das Geschehen durchgehend im Cinemascope-Format festgehalten. Gezielte Tiefenunschärfe, extreme Körnung und irritierende Blendenflecke machen die Illusion glaubwürdig.

"Wir haben viel nachgeforscht und uns nicht nur das alte London, sondern auch die Umgebung angesehen. Was uns besonders gefallen hat, war die damalige dunkle, dreckige Seite Londons. In Filmen werden Staub und Nebel eingesetzt, um diese Atmosphäre zu akzentuieren. Wir haben uns ähnlicher Techniken bedient", erläutert der Kreativdirektor. "Dazu gehört etwa der Einsatz von Licht, das die Kulissenbeleuchtung von Filmen imitiert. Dadurch erzeugen wir einen Schein, der das Gefühl vermittelt, im nebligen London des 19. Jahrhunderts zu sein", so der Entwickler. "Zu den offensichtlicheren Dingen gehören die authentische Replikation der Architektur und der Kleidung der unterschiedlichen sozialen Schichten. Wir mussten uns aus spielerischen Gründen Freiheiten erlauben, doch man sollte in der Lage sein, London wiederzuerkennen." 

Innovative Physik

Um der Architektur von schummrigen Kellern, Ratten durchzogenen Gassen bis zu den prachtvollen Domizilen der Aristokraten sowie ihren Bewohnern Leben einzuhauchen, griffen die Schöpfer auch auf eine Technologie namens "Soft Body Physics" zurück, die in Spielen bislang noch nicht zum Einsatz kam. Jeder Gegenstand, jede Mauer, jedes Lebewesen, jedes Stück Stoff gehorcht denselben Gesetzen der Physik. Explosionen, Projektileinschläge oder andere Kräfte hinterlassen überall ihre Wirkung. "Die Entscheidung, ein neues Physiksystem einzusetzen rührte daher, die Welt besser emulieren zu wollen. Unsere gesamte Stadt basiert auf Soft-Bodies. Es ist nur eine Frage, wie hart oder weich etwas ist. Das hilft uns alles realer erscheinen zu lassen. Wenn man etwa auf Metall schießt, gibt es genau an der Aufprallstelle nach. Nichts davon ist vorprogrammiert."

Der Einsatz von "Soft Body Physics" in Konsolenspielen war bis nur neuen Hardware-Generation nicht möglich, weil es an Leistung fehlte. Die Umsetzung des Systems war jedoch auch mit zusätzlichen Ressourcen keine Selbstverständlichkeit. Noch im Jahr 2012 erklärte Cryteks Technologiechef im Interview mit dem GameStandard, dass derartige Effekte nur schwer in aktuellen Spielen umsetzbar wären. "Es hat lange gedauert, bis wir wussten, dass wir es tun können. Das erste Mal, dass wir wussten, dass wir keinen Fehler begangen hatten, war so um Ende 2012. Da hatten wir rund zwei Jahre an dem Spiel gearbeitet. Bis dahin hatte alles zu 99 Prozent funktioniert, aber uns fehlte eben dieses eine Prozent.", sagt der Ready at Dawn-Chef. "Als unser CTO und einer Mitbegründer nach der Weihnachtszeit mit neuen Ideen zurückkam, fügten sich plötzlich alle Puzzleteile zusammen. Seither läuft unsere Engine auf der tatsächlichen Hardware der PlayStation 4."     

Ein Universum, kein Abenteuer

Zur Gänze durchgeskriptet ist hingegen der Verlauf des Spiels. Anders als es Branchentrends vorsehen, ist "The Order" als reine Einzelspielererfahrung ausgelegt, um die Fiktion so intensiv wie möglich zu gestalten. "Es ist ein lineares Erlebnis. Wenn Sie in bestimmte Bereiche hereingehen, dann tun Sie das, weil wir es wollen. Wir hatten zwar an Mehrspielermodi und kooperative Aspekte gedacht, aber wir wussten, dass wir für das Debüt vor allem ein überzeugendes Einzelspielererlebnis abliefern müssen."

Seit vier Jahren arbeitet das mittlerweile 100 Köpfe zählende Team an seinem bislang größten Projekt. Ein Aufwand, der sich in der Zukunft lohnen soll, wenn ihr Spiel Anklang findet. "Wir haben 'The Order' so angelegt, dass wir künftig auch Geschichten erzählen können, die viel früher passiert sind oder auch solche, die in der Zukunft spielen. Sofern '1886' erfolgreich wird, würden wir uns freuen noch viel mehr mit der Serie zu tun. Es ist als Universum, nicht als einzelnes Abenteuer angedacht. ", verrät Weerasuriya. Moralische Ambiguität und Klassenkämpfe sind Inhalte, die sich für Albträume jeder Epoche eignen. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 20.2.2014)

Video: Gameplay-Demo zu "The Order: 1886"