Warten auf die Magnetresonanztomografie im MR Research Center Budapest.

Foto: Borbala Ferenczy

Budapest/Wien - Wann genau der Mensch auf den Hund kam, ist in der Forschung umstritten. 15.000 Jahre dürften seit der Domestizierung aber mindestens vergangen sein - seither teilen die beiden Spezies ein ähnliches soziales Umfeld. Die evolutionäre Trennung liegt freilich schon viel länger zurück: Der letzte gemeinsame Vorfahre dürfte vor mindestens 100 Millionen Jahren gelebt haben. Forscher der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA) entdeckten nun eine zerebrale Gemeinsamkeit, die für die beispiellos erfolgreiche Beziehung nicht unerheblich sein dürfte: Hunde verarbeiten Sprache und Geräusche, ähnlich wie Menschen, in eigenen Gehirnarealen. Wie die Wissenschafter aktuell im Fachblatt "Current Biology" berichten, nehmen die Tiere dadurch auch soziale Informationen wahr, die über Stimme und Geräusche transportiert werden.

Video: Youtube/MTA-ELTE

Vergleichende Hirnkartierung

Für die Studie trainierte das Forscherteam um Attila Andics elf Hunde darauf, Untersuchungen mittels funktioneller Magnetresonanztomografie ungerührt über sich ergehen zu lassen. So konnten sie eine vergleichende Hirnkartierung von Menschen und Hunden vornehmen - eine Idee, auf die bisher noch niemand gekommen war. Den Probanden beider Spezies wurden während des Bildgebungsverfahrens etwa 200 menschliche und tierische Laute quer durch den Gemüsegarten emotionaler Empfindungen vorgespielt: Sie reichten von Lachen und Weinen bis zu Jaulen und Bellen.

Die Analyse der dabei aktiven Gehirnregionen ergab: Bei beiden Gruppen passiert die Spracherkennung in einem ähnlichen Areal des auditiven Cortex, also jenes Bereichs der Großhirnrinde, der zur Verarbeitung akustischer Reize dient. Wie zu erwarten, zeigte sich, dass Hunde dabei insgesamt mehr auf Hundelaute reagierten, während menschliche Laute die neuronale Aktivität bei den menschlichen Probanden stärker erhöhten. Bei der Verarbeitung emotionsgeladener Geräusche kam es aber zu erstaunlichen Übereinstimmungen: Bestimmte Gehirnareale wurden in diesen Fällen bei Hunden und Menschen gleichermaßen aktiv - und zwar unabhängig davon, von welcher Spezies der Laut stammte. Auf positiv zu bewertende Laute erfolgten übrigens stets die stärksten Reaktionen.

Frühe Entwicklung

Die Ergebnisse könnten erklären, weshalb sich Hunde so gut auf die Stimmungslage ihrer menschlichen Halter einstellen können. Die Forscher vermuten zudem, dass sich die betreffenden Hirnareale schon weitaus früher entwickelt haben müssen als bisher angenommen: spätestens vor 100 Millionen Jahren bei den letzten gemeinsamen Vorfahren. Für erfolgreiche lang währende Beziehungen scheint jedenfalls auch speziesübergreifend zu gelten: alles eine Frage der Kommunikation. (David Rennert, DER STANDARD, 21.2.2014)