Bild nicht mehr verfügbar.

Die niedrigen Zinsen der EZB haben auch Unternehmensanleihen extrem unattraktiv gemacht, warnen Experten.

Foto: Reuters

Die US-Notenbank Fed steigt allmählich aus den Anleihenkäufen aus, die Europäische Zentralbank führt ihre Bilanz zurück. Trotzdem bleibt die "Finanzielle Repression" ein Thema - die Entschuldung von Staaten mithilfe niedriger Zinsen. "Die kurzfristigen Zinsen sind immer noch gering, da hat sich für Sparer nichts geändert", sagt Friedrich Strasser, Chief Investment Officer der Bank Gutmann. Analysten von McKinsey hatten vor kurzem in einem Report die Umverteilung durch die Niedrigzinspolitik geschätzt. Demnach haben sich die Staaten in der Eurozone, die USA und Großbritannien 1480 Milliarden Dollar an Zinszahlungen erspart, zulasten der Haushalte, Pensionskassen und Versicherungen.

Finanzielle Repression ist für die Ökonomin Carmen Reinhart eine "unverstandene Steuer für Sparer", schrieb sie in einem aktuellen Papier für den Internationalen Währungsfonds. Das lässt sich leicht für das Vorjahr illustrieren. Die Österreicher etwa haben zuletzt 240 ihres gesamten Geldvermögens von 540 Milliarden Euro in Bargeld und Einlagen veranlagt. Bares wirft bekanntlich null Prozent ab, gebundene Einlagen mit einer Bindung von bis zu zwei Jahren zwischen 0,4 und 0,8 Prozent. Im Dezember sind die Einlagenzinsen in Österreich auf ein neues Allzeittief gefallen, zeigen die Daten der Nationalbank. Bei einer Jahres-Inflationsrate von zwei Prozent ergibt sich daraus eine Entwertung der Sparvermögen von 3,02 bis 3,89 Milliarden Euro im Vorjahr. Hier sind aber die Kapitalertragssteuer oder andere niedrig verzinste Anlageformen nicht einberechnet.

Unattraktive Investments

Während private Sparer vor allem vom Gedanken des "Notgroschens" geleitet sind und daher zu geringen Zinsen anlegen, werden professionelle Investoren oft zu relativ unattraktiven Investments gezwungen: "Die Behörden versuchen die finanzielle Repression, etwa indem sie massiv in die Entscheidung privater Akteure eingreifen", sagt Daniel Stelter, Gründer der deutschen Denkfabrik Beyond the Obvious und langjähriger Berater der Boston Consulting Group. Denn die Regulierung wichtiger Finanzakteure - Banken über Basel III, Versicherungen über Solvency II - bevorzugt etwa Investments in Staatsanleihen.

Die Reaktion - gerade von institutionellen Anlegern - ist klar. Weil sie nur eingeschränkt in Aktien oder Sachwerte wie Immobilien investieren können, stecken sie immer mehr Geld in höher verzinste Schulden von Unternehmen. Doch auch dort sind die Renditen bereits deutlich gefallen: "Unternehmensanleihen sind extrem unattraktiv, Firmen mit guter Bonität zahlen kaum mehr als Staaten", betont Strasser. Andere Experten warnen vor einer Blase.

Kurt Kotzegger, Chief Investment Officer bei der Raiffeisen Capital Management und für die Asset Allocation verantwortlich, hält es für unausweichlich, "dass fest verzinste Anlagen künftig weniger Ertrag haben werden". Das Risiko an den Anleihenmärkten sei jetzt viel höher, etwa wegen der Aussicht steigender Zinsen.

Dazu kommen noch Kreditrisiken. Für Strasser ist es "blauäugig", wenn Anleger massenweise in riskantere Anlageklassen wie Ramschanleihen gehen. "Wenn es nichts zu holen gibt, gibt es eben nichts." Daher müssten Investoren ihre Renditeerwartungen zurückstutzen und eine magere Zeit durchtauchen.

Wirklich effektiv flüchten können gerade institutionelle Anleger kaum. Sie sind laut Kotzegger in vielen Fällen "in der finanziellen Repression gefangen". Dazu komme, dass das billige Geld auch andere Anlageklassen bereits teuer gemacht hat, etwa große Aktienmärkte wie die USA. In den wichtigsten europäischen Märkten sind zudem die Mietrenditen mit dem Zinsniveau gesunken. "Alle Märkte sind derzeit recht teuer, das ist leider so", sagt Kotzegger. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 21.2.2014)