Wien - Die Neos wollten sich in der Causa Burgtheater nicht länger pflanzen lassen: Beate Meinl-Reisinger, die neue Vorsitzende des parlamentarischen Kulturausschusses, brachte am Montag eine dringliche Anfrage an das formal noch bis 28. Februar zuständige Ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ein. Zu beantworten hatte die insgesamt 72 Fragen Josef Ostermayer, der als Kanzleramtsminister (SPÖ) die Kulturagenden bereits inoffiziell übernommen hat. Unter anderem wollten die Neos wissen, ob Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann und Georg Springer, der Chef der Bundestheaterholding, abgelöst werden.
In ihrer ausführlichen Begründung legt Meinl-Reisinger dar, dass Silvia Stantejsky, die im November gefeuerte Vizedirektorin, unmöglich allein an der Finanzmisere schuld sein kann. Der forensische Bericht der Wirtschaftsprüfer von KPMG habe 50 Seiten; den Medien seien aber immer nur die Passagen über vermutete "dolose" Handlungen Stantejskys zugespielt worden: "Dass hier gezielt manipulative Kommunikation betrieben wird", ist für Meinl-Reisinger offensichtlich.
Entgegen der Darstellung Hartmanns, der sich als künstlerischer Leiter für die kaufmännischen Belange unzuständig erklärte, gibt es eben laut Geschäftsordnung eine Gesamtgeschäftsführung; daher seien beide Geschäftsführer bei den "Kardinalspflichten" (Rechnungswesen, internes Kontrollsystem, Aufstellung und Überprüfung des Jahresabschlusses) gemeinsam verantwortlich. Auch in den Bereichen, die in die ausschließliche Zuständigkeit eines Geschäftsführers fallen, gebe es Überwachungspflichten für den Kernbereich.
Hinzu kommt, dass Hartmann im Jahr 2011 Peter F. Raddatz, den kaufmännischen Geschäftsführer des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, an die Burg holte, um "in die Bücher" zu sehen. In einem Aufsichtsratsprotokoll heißt es: "Er wurde eingeladen, um die Kommunikation zwischen kaufmännischer und künstlerischer Direktion gelenkiger und transparenter zu machen". Meinl-Reisinger schließt daraus, dass die Kommunikation zwischen den beiden Geschäftsführern nicht reibungslos funktionierte - bzw. Hartmann "nicht ohne weitere Hilfe in der Lage war, kaufmännische Aspekte der Geschäftsführung nachzuvollziehen".
Der Vertrag mit Raddatz wurde von der Holding geschlossen. Für die Neos ist "somit klar", dass Springer von den Problemen gewusst hat. Mehr noch: "Sowohl die wirtschaftlich zunehmend angespannte Lage des Burgtheaters als auch das hohe Risiko eines versteckten Missmanagements waren bekannt." Man wandte "Bilanztricks" an und rechnete das Burgtheater "reicher", als es war, um zu verschleiern, "dass wohl zu teuer produziert wurde".
Ostermayers Antworten fielen dürftig aus: Er wolle auf den Endbericht der forensischen Untersuchung warten, der Anfang März vorliegen werde. Erst auf Basis dieses Berichts könnten Entscheidungen gefällt werden. Ostermayer kündigte aber an, den Rechnungshof mit einer Prüfung des Burgtheaters zu beauftragen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 25.2.2014)