Bürokratie braucht Definition - das gilt vor allem für Seltene Erkrankungen und Behandlungskosten, die von den Krankenkassen übernommen werden sollen.

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Zahlen sind unbarmherzig. Von den zirka 30.000 offiziell bekannten Erkrankungen, gelten 6.000 bis 8.000 als selten. "Orphan diseases" ist der englische Fachbegriff dafür, wenn eine Krankheit im Verhältnis von nur 1:2000 in der Bevölkerung auftritt. Oft gibt es pro Land nur eine Handvoll Patienten, die an denselben Symptomen leiden. 

Albtraum für Betroffene und Angehörige

Für die Betroffenen und ihre Angehörigen ist genau das jedoch der Albtraum: Es gibt keine medizinische Expertise, keine Aussicht auf Heilung und - je schwerwiegender ein Krankheitsbild ist - massive Probleme bei der Bewältigung des Alltags. "Wenn der Chefarzt eine Erkrankung nicht kennt, wird er, sofern vorhanden, Therapien nicht bewilligen. So wird das ohnehin schwierige Leben auch noch extrem teuer, weil man alles selbst finanzieren muss", berichtet Rainer Riedl, Vater einer Tochter mit Epidermolysis Bullosa (EB), einer genetischen Erkrankung, bei der die Haut bei geringster Belastung Wunden bildet.

Diese unhaltbare Situation ließ ihn vor 20 Jahren zum Kämpfer werden. "Das Allerwichtigste ist, dass eine Erkrankung offiziell anerkannt wird, damit bekommt man Zugang zu Leistungen", sagt er. Vor zwei Jahren hat er den Dachverband Pro Rare Austria mitbegründet, dessen stellvertretender Obmann er heute ist.

Anstoß aus der EU

Und stolz sei man, dass in den vergangenen drei Jahren unter der Ägide der Ministerien und mit Unterstützung von Pharmaindustrie, Ärzteschaft und Betroffenen viel passiert ist. Konkret: Der von der EU für alle Mitgliedsländer vorgeschriebene Nationalplan für seltene Erkrankungen (NAP.se) konnte fertiggestellt werden, in der alle seltenen Erkrankungen verzeichnet sind.

Was wichtig ist: Zentren zu schaffen. Vor seinem Engagement bei Pro Rare hat Riedl mit Spendengeldern in Salzburg eine Spezialklinik für EB-Kranke gegründet, in die heute Schmetterlingskinder aus ganz Europa kommen. Die gesetzliche Grundlage zur Kostenübernahme für ausländische Patienten ist über die EU-Cross-Border-Direktive geschaffen worden.

Worüber sich Riedl auch freut: In den vergangenen beiden Jahren haben die Uni-Kliniken in Innsbruck, Salzburg und Wien Zentren für seltene Erkrankungen formiert, in denen betreut und geforscht wird. "Bis zur Diagnosestellung vergehen durchschnittlich vier Jahre, ich kenne einen Fall, da waren es sogar 60 Jahre", so Riedl. Große Hoffnung setzt man vor allem in die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans: "In Österreich leben 400.000 Menschen mit seltenen Erkrankungen, die davon profitieren würden. (Karin Pollack, DER STANDARD, 25.2.2014)