Individuelle Färbung: Die Bauchzeichnung ist bei jedem Tier individuell und bleibt von der Kaulquappe bis zur Unke unverändert.

Foto: DGHT / Benny Trapp

Kein Froschyoga, sondern der sogenannte Unkenreflex: In Gefahrensituationen macht die Gelbbauchunke ein extremes Hohlkreuz und hebt ihre Extremitäten an, um ihre Warnfärbung zu zeigen.

Foto: DGHT / Axel Kwet

Von oben betrachtet ist sie recht unauffällig: Schlammbraun und warzig. Ihr Bauch jedoch ist leuchtend schwarz-gelb gemustert. Folgerichtig heißt das Tierchen Gelbbauchunke, auch unter Bombina variegata bekannt. Sie hat es zum Lurch des Jahres 2014 gebracht.

Die Gelbbauchunke ist eine Art, die zwar noch nicht allzu selten ist, aber - wie viele andere, deren Überleben an Wasser gebunden ist - durch Lebensraumverluste zunehmend unter Druck gerät. Die rund fünf Zentimeter große Amphibienart kommt in Österreich im Hügel- und Bergland aller Bundesländer vor, aber nicht im Hochgebirge und auch nicht ganz im Osten des Landes.

Ihre charakteristischen gelb-schwarzen Flecken sind bei jedem Exemplar anders ausgeprägt. Wie bei allen Unken sind ihre Pupillen herzförmig. Die Gelbbauchunke kommt ausschließlich in Europa vor, und zwar vom südwestlichen Frankreich über weite Teile Mitteleuropas bis in die Karpaten und im Süden nach Italien und Griechenland. In den Bereichen, wo sie gemeinsam mit der Rotbauchunke (Bombina bombina) auftritt, paaren sich die beiden Arten erfolgreich - so etwa in der Umgebung von Wien, in der ungarischen Tiefebene, der Slowakei und in Rumänien.

Mit Ende April suchen die Unken flache, sich rasch erwärmende Wasseransammlungen auf, in denen sie zur Fortpflanzung schreiten. Das Vorhandensein der dafür nötigen Kleingewässer ist dabei ein wesentlicher limitierender Faktor. "Ursprünglich - also vor Jahrhunderten - war die Gelbbauchunke eine Waldbewohnerin, wo sie sich in Pfützen fortpflanzte, die durch die Tätigkeit von Großsäugern wie Auerochse oder Wisent entstanden", sagt Johannes Hill von der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für den Schutz von Amphibien und Reptilien in Österreich einsetzt. "Heute entstehen solche Pfützen eher durch die Reifen von Forstmaschinen."

Tatsächlich nehmen die Unken Wasseransammlungen in Reifenspuren problemlos als Laichgewässer an - allerdings werden auch diese vielerorts immer weniger, weil sie oft verfüllt und viele Forstwege befestigt werden. "Das größte Problem für die Gelbbauchunke ist die Veränderung der Grünraumbewirtschaftung", sagt auch Unkenexperte Günter Gollmann vom Department für Theoretische Biologie der Universität Wien, "alle kleinen Gewässer wurden zugeschüttet und verrohrt."

Noch recht naturnahe Bedingungen finden die Unken im Lainzer Tiergarten bei Wien, wo Günter Gollmann und seine Frau Birgit seit fast 20 Jahren die Tiere untersuchen. Dank der individuellen Bauchzeichnungen müssen sie diese dabei nicht markieren, um sie wiederzuerkennen. "Das Muster verändert sich ab der Umwandlung von der Kaulquappe zur erwachsenen Unke kaum mehr", erklärt Günter Gollmann, der mit seiner Frau viele tausend Exemplare gefangen, fotografiert und wieder freigelassen hat.

Keine Expolsivlaicher

Dabei ist es den beiden schon zu Beginn ihrer Forschungstätigkeit gelungen, mit einem bis dahin in der Literatur herrschenden Irrtum aufzuräumen: Man hielt die Unken nämlich für "Explosivlaicher", die sich nur in wenigen kurzen Phasen nach stärkeren Niederschlägen fortpflanzen. Wenn ständig brauchbare Laichgewässer zur Verfügung stehen, wie etwa auf Feuchtwiesen im Lainzer Tiergarten, legen die Unken jedoch kontinuierlich vom April bis in den Hochsommer Laichklumpen von meist je zehn bis 20 Eiern im Wasser ab.

Während die daraus schlüpfenden Larven sich von Pflanzenresten, Algen und Mikroorganismen des Gewässergrunds ernähren, suchen erwachsene Tiere ihre Nahrung hauptsächlich an Land, wobei sie vor allem Insekten, aber auch Spinnen und Würmer erbeuten. Der Unkenlaich wird ebenso wie die Larven von vielen Tieren gern gefressen, die erwachsenen Unken haben hingegen nur noch eine Handvoll Feinde, darunter Waschbären, Graureiher, Krähen, Ringelnattern und Frösche. Um sich gegen diese zu wehren, sondern sie ein weißliches Sekret ab, das wirksame Hautgifte enthält. Diese führen bei Kontakt zu Reizungen der Augen oder der Nasenschleimhäute, letztere Reaktion nennt man beim Menschen "Unkenschnupfen". Eine andere Form der Verteidigung ist der "Unkenreflex": Dabei machen die Tiere ein extremes Hohlkreuz und heben ihre Extremitäten an, sodass Teile ihrer Warnfärbung sichtbar werden.

Da Kleinstgewässer wie Reifenspurenpfützen ständig austrocknen können, muss die Umwandlung der Larven zum erwachsenen Lurch schnell gehen. "Oft ist die Metamorphose in sechs bis acht Wochen abgeschlossen", weiß Johannes Hill. Was die kleinen Unken dann machen, ist Gegenstand der Untersuchungen von Günter und Birgit Gollmann. "Zur Ausbreitung von Amphibien nach ihrer Umwandlung gibt es generell kaum Daten", bedauert Günter Gollmann, "wir wollen herausfinden, unter welchen Umständen die Gelbbauchunken ihr Geburtshabitat verlassen und wie weit sie wandern."

Eines weiß das Forscherpaar schon jetzt: In heißen und trockenen Sommern wählen die Unken entgegen herrschender Lehrmeinung nicht flache, stehende Gewässer für die Laichablage, sondern gehen dazu in kühle, schattige Bäche. "Offensichtlich ist die Gelbbauchunke in ihrer Fortpflanzungsbiologie flexibler als bisher angenommen", folgert Günter Gollmann. Angesichts der Klimaerwärmung könnte ihr diese Fähigkeit noch zugutekommen. (Susanne Strnadl, DER STANDARD, 26.2.2014)