Wien - Aus einem privaten Projekt hat sich ein großer Abend entwickelt. Groß nicht nur im voluminösen Sinn. Von Robert Musils Jahrhundertroman Der Mann ohne Eigenschaften hat Schriftsteller Peter Truschner – sein jüngstes Buch erschien im Vorjahr (Das fünfunddreißigste Jahr, Zsolnay) – eine eigene Fassung erstellt. Hermann Beil rezitiert. Dazu blökt die Tuba: Thomas Vogel lässt eigenwillig interpretierte Walzerklänge mit dem Text korrespondieren. Am Donnerstag ist Österreich-Premiere im Musikverein.
Peter Truschner, 1967 in Klagenfurt geboren und seit 1999 in Berlin zu Hause, konzentriert sich bei Musil auf die sogenannte "Parallelaktion", gemeint ist damit jener Kreis hoher Repräsentanten, der sich anno 1913 inbrünstig, aber äußerst schleppend im Salon einer Gesellschaftsdame auf die Feierlichkeiten des monarchischen Doppeljubiläums (70 Jahre Kaiser Franz Joseph, 30 Jahre Kaiser Wilhelm) vorbereitet.
"Ich habe aus den 1500 in Hinblick auf die Parallelaktion relevanten Seiten auswählt und mir erlaubt, manche Textpassagen umzustellen. Musil selbst hat ja mit einem Zettelkastensystem gearbeitet, in dem er selber irgendwann keinen Überblick mehr hatte."
Die "Parallelaktion" spiegelt die politisch-öffentliche Kultur in Österreich wider, so Truschner: das Vortäuschen von Aktion. "Wichtig ist nur das Agieren, das Performen von Tun, beispielsweise einen Akt an die nächste Abteilung weiterleiten, und dabei ist es ganz egal, was am Ende herauskommt." In diesem lakonischen Tonfall ähneln einander die beiden Pole Musil und Thomas Bernhard, die Beil bestens beherrscht. Truschner: Es bleiben einem vor einem Amt ja nur zwei Möglichkeiten: durchdrehen oder darüber lachen. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 26.2.2014)