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Mitglieder der ukrainischen Frauenrechtsgruppe Femen machten am Dienstag in Paris ihre Interpretation des Machtwechsels in Kiew klar: Mit "Putins neuer Puppe" ist Julia Timoschenko gemeint.

Foto: REUTERS/Gonzalo Fuentes

Der ukrainische Interimspräsident und Parlamentssprecher Alexander Turtschinow eröffnete die Sitzung der Werchowna Rada in Kiew am Dienstag mit der Aufforderung, die Regierungsbildung doch bitte bis zum Donnerstag abzuschließen. Zunächst aber wurde mit großer Mehrheit eine Resolution verabschiedet, in der der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag aufgefordert wird, dem entmachteten und flüchtigen Präsidenten Wiktor Janukowitsch wegen der Anordnung von Gewalt gegen Demonstranten den Prozess zu machen.

Janukowitsch und andere seien für den Tod von mehr als 100 Menschen aus der Ukraine und anderen Ländern verantwortlich. Von der Parlamentsresolution sind auch Ex-Innenminister Witali Sachartschenko und Generalstaatsanwalt Wiktor Pschonka betroffen. Janukowitsch soll sich unbestätigten Berichten zufolge im russischen Flottenstützpunkt auf der Krim aufhalten.

Als Favoriten für das Amt des Premiers in der Übergangsregierung gelten der Oligarch und frühere Minister Petro Poroschenko sowie Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei Julia Timoschenkos. Auch er war, wie Poroschenko, bereits Außen- und Wirtschaftsminister sowie Parlamentssprecher. Bei einem Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, das am Montag im Büro von Turtschinow stattfand, brachte sich Jazenjuk einmal mehr als Kandidat mit der größten politischen Sachkompetenz in Stellung.

Auch Timoschenko bastelt an ihrem politischen Comeback. Montag hatte sie gefordert, bei der Regierungsbildung auch die Maidan-Aktivisten einzubinden. Das soll nun offenbar auch erfolgen. Jewgenij Nitschuk, Organisator des Maidans und allabendlicher Moderator auf der Bühne, wird als Kulturminister gehandelt, die Sängerin Ruslana hatte das Amt abgelehnt. Der 42-jährige Kulturwissenschafter stammt aus dem westlichen Iwano-Frankiwsk.

Klitschko: Neue Spielregeln

Während Timoschenko auf die Maidan-Bewegung zugeht und damit offenbar ihre Präsidentschaftskandidatur bei den Wahlen am 25. Mai vorbereitet, ist Ex-Boxweltmeister Witali Klitschko, Chef der Partei Udar (Schlag), am Dienstag bereits offiziell in den Ring gestiegen. "Ich bin überzeugt, dass wir die Prinzipien und Spielregeln in der Ukraine komplett ändern müssen, wir müssen die Gerechtigkeit wiederherstellen", sagte Klitschko bei der Bekanntgabe seiner Kandidatur.

Die EU hat der vor dem Staatsbankrott stehenden Ukraine nun wirtschaftliche Hilfen zugesagt. Ein 2010 auf Eis gelegter Milliardenkredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) soll so schnell wie möglich aktiviert werden. Dem Regime Janukowitsch waren damals Gelder in Höhe von etwa 15,5 Milliarden US-Dollar entzogen worden, weil die Auflagen nicht erfüllt wurden. Nun wollen USA und EU prüfen, wie die Gelder schnellstmöglich freigegeben werden können.

Die Maidan-Leute haben eine weitere Idee, wie die leere Staatskasse schnell zu füllen wäre: Die Oligarchen sollen sich mit ihrem Milliardenvermögen der Sanierung beteiligen. Zu den fünf reichsten Männern des Landes - sie dürften zusammen rund 30 Milliarden Dollar besitzen - gehören neben Rinat Achmetow, Igor Kolomoisky und Wiktor Pintschuk die Brüder Sergej und Andreij Kljujew. Letzterer war seit Ende Jänner Chef der Präsidialverwaltung. Wie sein Sprecher Artem Petrenko am Dienstag einem Reuters-Journalisten telefonisch mitteilte, sei Kljujew, offenbar während der gemeinsamen Flucht mit Janukowitsch, durch einen Schuss ins Bein verletzt worden. (Nina Jeglinski aus Kiew, DER STANDARD, 26.2.2014)