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Ilram Tothi bei einem Interview mit AP, Juli 2013

Foto: AP Photo/Gillian Wong

Peking - Chinas Behörden haben den prominenten uigurischen Regimekritiker Ilham Tohti wegen "Separatismus" angeklagt. Mehr als einen Monat nach seiner Festnahme erhob die Staatsanwaltschaft in Ürümqi, der Hauptstadt der nordwestchinesischen Unruheregion Xinjiang, Anklage gegen den Wirtschaftsprofessor der Pekinger Universität, wie sein Anwalt Li Fangping am Mittwoch berichtete.

Die Inhaftierung des 44-Jährigen Mitte Jänner war international auf scharfe Kritik gestoßen. Die USA und die Europäische Union hatten ihr Unverständnis geäußert und Aufklärung gefordert, was dem Akademiker vorgeworfen werde. "Wenn sie glauben, dass er separatistische Aktivitäten organisiert hat, dann drohen ihm zwischen zehn Jahre und lebenslange Haft", sagte sein Anwalt am Telefon von Ürümqi. "Das ist gut möglich." Tohti sei aber unschuldig.

"Er ist ein ziemlich offener Typ, der unverblümt spricht", sagte Li Fangping. "Alles, was er tut und sagt, ist klar. Da gibt es keine Geheimnisse." Vor seiner Festnahme habe Tohti versichert, weder in Separatismus involviert zu sein, noch Kontakt zu terroristischen Gruppen zu haben, berichtete Li Fangping.

Polizeigefängnis

Der Anwalt bemühte sich am Mittwoch in Ürümqi, Tohti im Polizeigefängnis der Region Xinjiang besuchen zu können, stieß aber auf Probleme. "Es ist schwierig, weil die Polizei nicht einmal akzeptieren will, dass ich ihn als Anwalt vertrete", sagte Li Fangping. Möglicherweise wollten die Behörden ihn nicht als freigewählten Anwalt zulassen. Der Professor wolle allerdings keinen von den Behörden ernannten Verteidiger akzeptieren.

Von den anderen Lehrern und Studenten, die mit dem Professor am 15. Jänner festgenommen wurden, seien noch mindestens vier in Haft, berichtete der Anwalt. Das US-Außenministerium hatte damals erklärt, die Festnahme Tohtis "scheint Teil eines verstörenden Musters von Verhaftungen und Festnahmen von gemeinnützigen Anwälten, Internetaktivisten, Journalisten und religiösen Führern zu sein, die friedvoll die chinesische Politik infrage gestellt haben."

Tohti hatte die Zentralregierung für ihren Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren kritisiert. Er hatte jüngst Befürchtungen geäußert, die Unterdrückung seiner Volksgruppe werde nach einem Anschlag am Kaiserpalast in Peking im Oktober zunehmen. Ein Auto war in eine Menschenmenge gefahren und in Flammen aufgegangen. Die drei Insassen sowie zwei Touristen starben. Peking machte uigurische Terroristen dafür verantwortlich.

Wegen der Spannungen zwischen Uiguren und den Chinesen gilt die Region Xinjiang schon lange als Konfliktherd. Das muslimische Turkvolk fühlt sich wirtschaftlich, politisch und kulturell von den herrschenden Chinesen unterdrückt. Umgekehrt wirft Chinas Regierung uigurischen Gruppen separatistische Bemühungen und Terrorismus vor. Bei Unruhen in der Provinz starben 2013 offiziellen Angaben zufolge über hundert Menschen, darunter mehrere Polizisten. (red/APA, 26.2.2104)