Graz - Die Wahrscheinlichkeit, dass ein 80-jhriger Mensch 100 Jahre und älter wird, ist heute um das rund 20-fache höher, als noch vor 50 Jahren. Das liegt vor allem an der Verschiebung der Mortalitätskurve hin zu einem höheren Lebensalter. Die "Graz Study on Health and Aging" untersucht über einen Zeitraum von fünf Jahren die Faktoren, welche zum "erfolgreichen" Altern beitragen.

Bei keiner anderen Spezies wird eine derart hohe Plastizität im Alterungsvorgang beobachtet, wie beim Menschen, da der Prozess des Alterns auf unterschiedlichen Ebenen stark beeinflusst werden kann. "Auch im fortgeschrittenen Alter kann gezieltes Bewegungstraining beispielsweise nicht nur die körperliche Fitness steigern, sondern auch das Gedächtnis trainieren", sagt Helena Schmidt, vom Institut für Molekularbiologie und Biochemie der Medizinischen Universität in Graz. 

Biologische Lebenserwartung hinterfragen

Die Erhöhung der Lebenserwartung wurde in der Vergangenheit vor allem dadurch erreicht, dass sich die Mortalitätskurve verschoben hat. Dies ist in erster Linie auf bessere medizinische Versorgung, soziale Absicherung und optimierte Hygienebedingungen zurückzuführen. "In der Vergangenheit konnte zwar die Mortalität reduziert werden, der Alterungsprozess an sich schreitet aber beinahe unverändert fort, wobei die Annahme einer maximalen biologischen Lebenserwartung durch die Wissenschaft immer öfter hinterfragt wird", so Studienkoordinatorin Schmidt.

Um den Prozess des Alterns – und hier vor allem des "gesunden" Alterns zu verstehen – müssen genetische und umweltbedingte Faktoren analysiert werden. Eine Hauptverantwortung in Bezug auf das "erfolgreiche" Altern trägt jedoch der persönliche Lifestyle. "Modellversuche haben gezeigt, dass beispielsweise eine niedrige Kalorienzufuhr bis zum hohen Alter die Lebenserwartung enorm steigern kann", so Schmidt.

Augen und Gehirn

Die "Graz Study on Health and Aging" ist eine populationsbasierte Studie in der Grazer Bevölkerung und wird in Kooperation zwischen der Medizinischen Universität Graz, der Universität Graz und der Stadt Graz mit der Beteiligung von 14 Instituten und Kliniken durchgeführt. Im Rahmen der Studie werden über einen Zeitraum von fünf Jahren 3.000 Grazer im Alter von 45+ Jahren untersucht.

Ein Hauptaugenmerk wird dabei auf den Lebensstil, Umweltfaktoren, hier insbesondere der Einfluss regional-relevanter Faktoren, sowie auf erbliche Faktoren und deren Einfluss auf den Alterungsprozess und damit verbundene altersassoziierte Erkrankungen gelegt. Im Mittelpunkt stehen dabei altersbedingte Veränderungen, der Augen, des Bewegungsapparates, des Gehirns, der Haut und Haare und des Herz-Kreislauf-Systems.

Lebensqualität verbessern

Mit Hilfe der gewonnenen Daten sollen zentrale Faktoren des menschlichen Alterns aufgezeigt werden – "Faktoren, die über mehrere Organsysteme wirken und potentielle Targets für alterungsmodifizierende Maßnahmen darstellen", sagt Schmidt. Die gewonnen Erkenntnisse werden, aufbauend auf Präventionsmaßnahmen, das organische Altern nicht nur verlangsamen, sondern vor allem das Risiko senken, an altersassoziierten Erkrankungen zu leiden.

"Aus den Studienergebnissen abgeleitete Maßnahmen zur Krankheitsprävention werden zukünftig das erfolgreiche und gesunde Altern optimieren und dadurch die Lebensqualität im Alter deutlich verbessern", ergänzt Schmidt. Ein wesentlicher Bestandteil der Studie wird der Dialog mit der Grazer Bevölkerung sein, wobei wichtige neue Erkenntnisse aus der Studie in regelmäßigen Abständen in Form von Vorträgen und Aussendungen kommuniziert werden. (red, derStandard.at, 26.2.2014)