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In der Windkraft-Branche braut sich ein Gewitter zusammen. Die Pleiten der Windparkbetreiber treffen nun auch viele Anleger. 

Foto: AP / Patrick Pleul

Die Branche der Alternativenergie-Erzeuger, allen voran die Windkraftbetreiber, macht stürmische Zeiten durch. Das trifft auch die Anleger: Aktuell wird die tatsächliche Renditeträchtigkeit zukünftiger Investments stark in Zweifel gezogen. Denn, so meinen Experten, Investitionen in neue Windparks auf deutscher See könnten sich nicht mehr lohnen, wenn die Subventionen, wie von der Politik vorgesehen, bald zurückgefahren werden. Doch der Sturm hat sich für viele Anleger bereits jetzt zum Orkan ausgewachsen, der einst als Renditebringer angepriesene Unternehmen nun von der Bildfläche bläst.

In Deutschland hat schon vor der spektakulären Pleite des Windkraftbetreibers Prokon auch Windreich - im selben Sektor tätig - Insolvenz angemeldet. Vor wenigen Tagen wehte es nun auch den niedersächsischen Windkraft-Projektierer Windwärts Energie in die Pleite.

Die Anleihen oder Genussrechte der Unternehmen wurden auch von österreichischen Anlegern erworben. Die Dimensionen sind gewaltig, denn allein bei Prokon bangen 75.000 Anleger um ihre Einlagen; bei Windwärts sind es circa 1600.

Investorenforderungen

Im Fall von Windreich wollen Investoren jetzt gegen die Schweizer Privatbank Sarasin vorgehen. Sarasin, so der Vorwurf, soll ihren Anlegern mehr Anleihen des Windparkbetreibers Windreich verkauft haben, als diesen lieb war. Es sollen, so der Vorwurf weiter, Windreich-Anleihen zur Provisionsoptimierung in Anlegerdepots gebucht worden sein, ganz unabhängig davon, welche Investitionsstrategie diese eigentlich verfolgten.

Im Zuge der Windkraftpleiten eröffnet sich für leidgeprüfte Investoren die Frage, was denn nun mit den Papieren, die sie erworben haben, - und damit mit ihrem Geld - passiert.

Gläubigerstellung

"Anleihen", erläutert die Wiener Rechtsanwältin Alix Frank-Thomasser die Basics, "sind verzinsliche Wertpapiere. Der Herausgeber der Anleihe, auch Emittent genannt, nimmt einen Kredit am Kapitalmarkt auf und verschuldet sich damit beim Käufer der Anleihe, der gegenüber dem Herausgeber somit eine Geldforderung besitzt." Daher, so Thomasser, nennt man eine Anleihe auch eine Schuldverschreibung oder ein Forderungswertpapier.

Die Kreditkonditionen wie Verzinsung, Laufzeit und Tilgung sind dabei im Vorfeld genau festgelegt. Anders als Aktien werden Anleihen nicht in einer Währung gehandelt, sondern in Prozent. Der Anleger kauft also nicht eine Stückzahl einer Anleihe, sondern einen bestimmten Nominalbetrag. Anleihen werden am Rentenmarkt gehandelt, erklärt die Rechtsanwältin weiter.

Die gute Nachricht für Anleihebesitzer: "Im Vergleich zu einem Aktionär, der Teilhaber ist, hat der Anleger einer Anleihe als Gläubiger keinerlei Stimm- oder Teilhaberrechte. Im Insolvenzfall wird er gegenüber Aktionären jedoch vorrangig behandelt." Das heißt: Bei der Aufteilung eines eventuell noch vorhandenen Vermögens bekommen Anleihebesitzer Geld noch vor den Aktionären - wenn überhaupt etwas übrigbleibt.

Aktienbesitzer haben höheres Risiko

"Denn im Insolvenzfall ist der Aktionär oder Gesellschafter in der Regel kein Gläubiger", weiß Frank-Thomasser, "und riskiert sogar, dass gegebene Gesellschafterdarlehen als eigenkapitalersetzende Darlehen betrachtet werden können, womit er den Anspruch auf Rückzahlung verliert und nicht zum Gläubiger in der Insolvenz werden kann." Aktienbesitzer können auch leer ausgehen.

Doch noch schlimmer können Besitzer von geschlossenen Fonds oder Beteiligungen gerupft werden: "Während Anleger Anteile an offenen Investmentfonds im Prinzip börsentäglich der Fondsgesellschaft zurückgeben können und diese im Insolvenzfall auch besonders geschützt sind, handelt es sich bei geschlossenen Fonds um unternehmerische Beteiligungen. Bei diesen schließen sich mehrere Anleger - oft hunderte oder tausende - zusammen, um ein Schiff, ein Flugzeug, eine Immobilie oder einen Windpark zu finanzieren", beschreibt die Juristin den Anlagevorgang.

"Dabei hat der Anleger alle Chancen, aber er trägt auch alle Risiken eines unternehmerischen Engagements. Im Konkursfall ist daher der Anleger eines geschlossenen Fonds so zu betrachten wie der Gesellschafter oder Aktionär", erklärt Frank-Thomasser. Ihn könne bei entsprechenden Vereinbarungen auch zusätzlich die Nachschusspflicht im Konkursfall treffen.

Rückforderungen

Wenn also das Unternehmen, an dem man sich beteiligt hat, vor den Konkursrichter muss, ist nicht nur das angelegte Geld weg - der Anleger muss im schlimmsten Fall sogar noch eines nachschießen. Dass dies nicht nur fiktive Szenarien sind, zeigen die aktuellen Fälle von Schifffonds. Viele Anleger wurden zuletzt auch damit konfrontiert, dass ihre bisherigen Ausschüttungen rückgefordert wurden.

Der Verein für Konsumenteninformation bereitet derzeit Sammelklagen vor, weil viele Anleger mit diesen Forderungen überfordert sind. Inwieweit diese Beteiligungen in den Portfolios von Privatanlegern einen Platz haben beziehungsweise ob es beim Verkauf dieser Produkte zu Beratungsfehlern gekommen ist, werden nun die Gerichte zu klären haben (Reinhard Krémer, DER STANDARD, 28.2.2014)