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Schaufenster schauen, wie hier im Amsterdamer Rotlichtviertel, ist erlaubt. Kaufen, was man sieht, vielleicht bald nicht mehr.


Foto: AP/Elzinga

Straßburg/Wien - Vier Minuten hatte Mary Honeyball Zeit, um die Abgeordneten des Europäischen Parlaments von ihrem Anliegen zu überzeugen. Menschenhandel und Prostitution stünden im direkten Zusammenhang, liberale Gesetze, wie etwa in Deutschland oder den Niederlanden, verstärkten diese Tendenz, trug die britische Abgeordnete überzeugt vor.

Mit großer Mehrheit von 343 zu 139 Stimmen nahmen die Abgeordneten am Mittwoch ihren Vorschlag an, zwar nicht Prostitution, dafür aber den Kauf von sexuellen Diensten unter Strafe zu stellen. Noch ist die Resolution nicht bindend, könnte aber weitreichende Konsequenzen haben.

Menschenwürde im Fokus

In ihrer Recherche habe sie viele Opfer von Menschenhandel kennengelernt, die innerhalb der EU von Land zu Land verkauft worden seien. "Viele sind drogenabhängig oder wurden missbraucht, die meisten rutschen aus Armut in die Prostitution", führte Honeyball aus. "In jeder Form ist Prostitution eine Verletzung der Menschenwürde."

In Schweden, wo die Freierbestrafung 1999 eingeführt wurde, habe sich die Prostitution und Menschenhandel signifikant verringert, erklärt ein Sprecher von Honeyball am Telefon: "Das Modell ist der Schlüssel zur Gleichstellung". Auch Norwegen und Island bestrafen die Käufer.

Eine ähnliche Stoßrichtung wie Honeyball verfolgt auch Alice Schwarzer in Deutschland oder Annelise Rohrer in Österreich, die "drakonische Strafen" für Freier fordert.

In der Frage, ob eher eine Liberalisierung oder ein Verbot besser für den Kampf gegen Menschenhandel geeignet ist, sind die EU-Staaten noch uneins. Viele deutsche und niederländische Abgeordnete hatten gegen Honeyballs Bericht gestimmt, der einem generellen Prostitutionsverbot gleichkommen würde.

Strenge Auflagen in meisten Mitgliedsstaaten

Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin der Grünen im Europarlament, kritisiert, dass auch Frauen, die sich zwar aus Geldnot aber aus freien Stücken für Sexarbeit entschieden haben, kriminalisiert würden.

Betrachtet man die Entwicklungen der einzelnen EU-Länder in den vergangenen Jahren, ist der Trend eindeutig: Ohne Einschränkung ist Prostitution nur in Österreich und Ungarn erlaubt.

In den meisten anderen Mitgliedstaaten ist Sexarbeit an strenge Auflagen gebunden oder es wird bereits über ein Verbot diskutiert. Erst im Dezember 2013 verabschiedete Frankreich die Freierbestrafung nach langjähriger Debatte.

"Die aktuellen Änderungen in Europa zeigen: Der Wind weht Richtung Schweden", schreibt Mary Honeyball am Donnerstag per E-Mail. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 28.2.2014)