
Ohne mediative Kompetenzen wird Führung zunehmend unlebbar.
Mediation hat sich in den vergangenen Jahren als Instrument des Konfliktmanagements im Wirtschaftsleben einen guten Platz erobert. Das freut Mediationsprofessor Mario Patera auch. Allerdings sieht er diese Techniken wesentlich wirkungsmächtiger als bloß kurativ: Mediative Kompetenzen sind für ihn Basis guter Führung (und Thema seiner Habilitationsschrift plus ein Inhalt seiner Lehrgänge).
Es gehe schließlich auch in der Führung um gelingende Beziehungen: "Das heißt vor allem in schwierigen Situationen in Kontakt zu bleiben, statt zu drohen, zu strafen oder zu gehen." Patera erinnert damit an die Erkenntnisse der Hirnforschung, die Verbindung (gelingende Beziehungen) und Wachstum als Grundbedürfnisse des "Sozialorgans" Gehirn definiert. Mit den eigenen Emotionen gut umgehen zu können sei also Grundlage der Selbstführung, des Selbstmanagements - folgerichtig nennt Patera Burnout auch ein "misslungenes Selbstmanagement".
Worum es also geht: Wer sich selbst nicht spürt, der könne auch schwer fühlen, wie es anderen geht. Das bedeutet: Wahrnehmungsfähigkeit gegenüber sich selbst steht für Patera am Anfang aller guten Führung, sogar allen gelingenden Lebens. Jedenfalls: "Emotionen zum Feind zu erklären ist kein Erfolgskonzept."
Sich nicht mehr schaden
Er erinnert daran, dass das Gehirn psychischen Schmerz (etwa Abwertung, Ignoranz) ebenso wie physischen Schmerz empfindet, dass negative Gedanken, negative Worte nachweislich körperliche Reaktionen (sofortige Verschlechterung der physiologischen Werte) nach sich ziehen. Selbiges passiere körperlich übrigens auch, wenn man über andere schimpft oder mies redet, sagt Patera.
Um gesund zu bleiben, bedarf es daher auch der Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit zu lenken - und zwar weg vom Negativen hin zur Transformation. Dazu empfiehlt Patera Übungen für das Bewusstsein rund um ein Innehalten: "Auf Impulse sofort zu reagieren ist schlecht. Die Gestaltungsfähigkeit liegt in der Pause." Dass weitverbreitetes Durch-den-Tag-Hetzen von Führungskräften, dass weitverbreiteter To-do-Modus dem entgegensteht, sei klar. Empfehlenswert seien daher die bewussten Fragen: "Wie gehe ich in den Tag? Wie gehe ich aus dem Tag? Was hat mich gefreut?"
Die Fähigkeit, die eigenen Körpersignale wahrzunehmen, so Patera, wäre schon eine "gewaltige Ressource". Als "Champions League der Sozialkompetenz" nennt er die Erkenntnis, dass hinter jedem Nein ein Ja zu einem anderen Bedürfnis steckt. Auf dem Weg zu diesem Ziel wartet natürlich auch der Umgang mit Ängsten. "Ängste sind wie Freunde, die mir etwas sagen möchten. Hilfreich wäre, sie zu fragen, worauf sie mich hinweisen wollen." (Karin Bauer, DER STANDARD, 1./2.03.2014)