"Rambo: The Video Game"

Genre: Action/Rail-Shooter

Plattformen: Windows, PS3, Xbox 360

Preis: UVP 29,99 EUR (PC), 39,99 Euro (Konsolen)

Foto: Koch Media

Den Rahmen für die spielerische Nacherzählung setzt Rambos Begräbnis.

Screenshot: derStandard.at

Ist man nicht damit beschäftigt, in "Moorhuhn"-Manier auf dümmliche Gegner zu schießen...

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...schleicht, flieht, prügeöt und metzelt man in wenig fordernden Quicktime-Sequenzen.

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Im "Wrath"-Modus ballert man in Zeitlupe und erhält für erledigte Gegner Lebenspunkte.

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Mit von der Partie sind Rambos bekannter Compund-Bogen mit optionalen Sprengstroff-Pfeilspitzen und...

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...aus den Filmen bekannte Charaktere wie die vietnamesische Kollaborateurin Co, die grafisch ähnlich verunfallt ist, wie Rambo selbst.

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Geschossen wird nicht nur am Boden. Das Spiel bietet auch einige Sequenzen, in welchen man aus fahrenden, fliegenden und schwimmenden Gerätschaften die Feinde aufs Korn nimmt.

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Kennen Sie "Moorhuhn"? Jenes 2D-Jagdspiel, das um die Jahrtausendwende zum populären Zeitvertreib für unzählige Mittagspausen, Feierabende und Informatik-Schulstunden wurde? Und Sie kennen auch "Rambo", die von Sylvester Stallone verkörperte "Popikone der Reagan-Ära" (Zitat Hollywood Reporter), die amerikanische Ein-Mann-Armee aus Zeiten des Kalten Krieges?

Gut, dann atmen Sie bitte tief durch. Denn beide sind in "Rambo: The Video Game" zurückgekehrt. Und zwar gemeinsam.

Kriegsveteran

In Vietnam gefoltert, von den eigenen Befehlshabern verraten, von der Roten Armee gejagt und der burmesischen Junta gehasst – John Rambo hat in seiner 2008 mit dem vierten Film beendeten Leinwandkarriere vieles mitgemacht und ist auch nicht das erste Mal der Star eines Videospiels. Trotzdem überraschte Teyon Games ("Heavy Fire") vergangenes Jahr mit der Ankündigung des Titels.

Seines Werkes war man sich offenbar sehr sicher und veröffentlichte in den Folgemonaten mehrere Trailer. Diese lösten beim Publikum Reaktionen zwischen großer Skepsis, Entsetzen und schockierter Ungläubigkeit aus.

Video: Rambo Reveal Trailer

Von Vietnam bis nach Afghanistan

Nun ist das Spiel fertig. In Person von John Rambo höchstpersönlich durchlebt man abschnittsweise die Handlung der ersten drei Filme – vom Konflikt mit dem Kleinstadtsherrif Will Teasle, über seine Rückkehr nach Vietnam bis zum Kampf gegen sowjetischen Invasoren in Afghanistan an der Seite seines Ausbildners Colonel Trautman.

Szenarien, die von wilden Gefechten auf offenem Felde, Guerillakämpfen im Dschungel über Flugeinlagen bis hin zu Stealth-Abschnitten einiges hergeben könnten. Potenzial, das die verantwortlichen Gamedesigner durchwegs zu verschenken wussten. "Rambo: The Videogame" ist – kein Witz – ein Abkömmling des sogenannten "Rail Shooter"-Genres, das zuletzt in Spielhallen an Automaten mit Laserpistolen reüssierte.

Schießen auf Schienen

Das Spielprinzip lässt sich einfach zusammenfassen: Der Protagonist bewegt sich, wie der Name bereits suggeriert, automatisch und auf einem festgelegten Pfad durch die Welt. Hauptaufgabe ist es, ein Fadenkreuz über den Monitor zu steuern und alle Gegner zu eliminieren, bevor der eigene Gesundheitsbalken auf Null zusammenschrumpft.

Der Titel lässt sich auch im Coop-Modus spielen, mit zwei Fadenkreuzen auf einem Schirm. Abgesehen von fehlender Übersicht ist dies auch deswegen nicht empfehlenswert, weil somit einer der zwei Rambos mit einem Controller spielen muss. Und diese Steuermöglichkeit hat Teyon schlichtweg falsch implementiert, da präzises Zielen hier quasi unmöglich ist. Auch auf die Maus reagiert der Cursor mitunter sehr schwammig.

Herausforderung Nachladen

Das Spielkonzept von Rail-Shootern wird in anderen Games hin und wieder abschnittsweise zur Auflockerung eingesetzt, nicht aber als Hauptbestandteil. Deswegen hat Teylon sich ein paar Dinge einfallen lassen, um seinem Werk wenigstens ein Quentchen mehr Interaktion zu verpassen. An den meisten Stationen der "Fahrt" darf man in Deckung gehen, dazu gibt es einen Nachlademechanismus im "Gears of War"-Stil, der Timing verlangt. Klickt man zu früh, packt der Kriegsveteran nur die halbe Ladung Kugeln in seine jeweilige Waffe. Trifft man den Bonusbalken, geht auf einmal doppelt soviel Blei ins Schießeisen.

Logisch? Nein. Aber in einer Welt, in der Munition unendlich vorhanden ist, nicht weiter ein Problem. Auch die Filmvorlagen nahmen es in dieser Hinsicht nicht besonders genau. Im nach einer bestimmten Trefferanzahl aktivierten "Wrath"-Modus wiederum wird das Spiel kurzfristig in Zeitlupe versetzt, während dieser jeder weitere Abschuss Lebenspunkte spendiert.

Skills und Perks

Ergänzt wird das ganze durch Skills und Perks, die sich mit Erfahrungspunkten freischalten lassen. So erhöht man etwa dauerhaft die eigene Munition, den Schaden oder sichert sich im Spiel Boni wie eine verlängerte Wrath-Time. Geschickt gewählt, können damit manche Abschnitte signifikant erleichtert werden. Manchmal etwas zu sehr, eine Sonderfähigkeit macht es etwa unmöglich, bei Quicktime-Events zu sterben.

Die Erfahrungspunkte errechnen sich hauptsächlich aus den Abschuss-Statistiken, man erhält etwa Boni durch besonders häufige Kopfschüsse oder – in jenen Missionen, in welchen man es mit der US-Exekutive aufnimmt - möglichst viele Gegner nur entwaffnend verwundet und nicht tötet.

Schleichen und Fliehen auf Knopfdruck

Das relativ große Waffenarsenal ist zu Beginn großteils gesperrt, lediglich der Compound-Bogen, der Revolver und die AK-47 wandern mit der Zeit automatisch in die wählbare Sammlung. Alle anderen Waffen können über die "Trautman Challenges" erspielt werden, bei welchen bestimmte Missionen erneut absolviert und bestimmte Ziele – wiederum bezüglich Waffenwahl oder Gefechtsstatistik – erfüllt werden müssen. Also "more of the same".

Alles was keine Schießbude auf Schienen ist, realisiert "Rambo" in Form von Quicktime-Events. In diesen reicht es, zum richtigen Zeitpunkt eine bestimmte Taste zu betätigen oder ab und an "Button Mashing" zu betreiben (das schnelle Drücken eines Buttons). Auch das ist in vielen Games als begleitendes Element integriert und nicht als tragendes Konzept.

Intelligenzbefreite Widersacher

Der Vorteil dieser unglaublich altmodischen Spielgestaltung ist: Es gibt keine Lernkurve. Nach den ersten fünf Minuten hat man im Grunde alles verstanden, was es zu verstehen gibt. Ab dann macht den Unterschied nur noch der wild schwankende Schwierigkeitsgrad. Und der wird praktisch nur durch die Anzahl und Robustheit der Feinde am Bildschirm bestimmt, die dann nach ihrem Ableben physikalisch eigenartig umfallen.

Unter den Widersachern gibt es ein paar unterschiedliche Typen – etwa Grenadiere, die Granaten hinter Rambos Deckung werfen können oder Commander, die den Schaden aller Feinde verdoppeln -, sodass man ab und an strategisch wählen muss, wer ins Visier genommen wird. Über so etwas wie Intelligenz verfügen die bewaffneten Fieslinge allerdings nicht. Sie verharren stur auf ihrer Position, die entweder mitten in der Schussbahn oder hinter irgendeiner Deckung liegt, aus der sie regelmäßig hervorschauen. 

Deformierter Actionheld

Grafisch befindet sich das Spiel meist auf dem Niveau von 2006. Einzelne Szenen möchte man noch tiefer in der Vergangenheit verorten, andere wiederum sind durchaus atmosphärisch gelungen und nett anzusehen. Für Rambo selbst und die meisten anderen Menschen, die in diesem Spiel ihren Auftritt geben, gilt das allerdings nicht. Eine derartige Deformierung hat "Sly" Stallone einfach nicht verdient. Bei den Gegnern war Teyon außerdem recht sparsam, schon nach kurzer Zeit wiederholen sich die Feinde des jeweiligen Szenarios.

Seltsam übrigens: Obwohl alle Zwischensequenzen in Spielgrafik umgesetzt wurden, werden sie nicht live berechnet, sondern als grob aufgelöste Videos eingespielt. Verstehe das, wer mag.

Akustisch ist das Rambo-Game leider auch nicht besonders hochwertig. Im Hintergrund düdelt der Originalsoundtrack vor sich hin, im Vordergrund erschallen hauptsächlich blecherne Schussgeräusche. Dialoge sind eine Mischung aus Originalausschnitten der Filme und Neuvertonungen. Erstere sind oft auffallend leise und verrauscht, zweitere von eher durchwachsener Qualität.

Fazit

Trotz all seiner offensichtlichen Schwächen vermag das Spiel ein paar Stündchen hinter den Bildschirm zu fesseln. Viel länger ist das Abenteuer auch nicht, geübtere Gamer sehen die Schlusssequenz nach spätestens vier bis fünf Stunden. Wo der Charme des obskuren Werks von Teylon herkommt, lässt sich nicht genau sagen. Vielleicht ist es die Verlockung, das Hirn einmal ein Weilchen pausieren zu lassen und dafür den Triggerfinger um so mehr zu beanspruchen – ganz im Wissen, dass man es hier nicht mit einem Meisterwerk der Spielegeschichte zu tun hat. Oder möglicherweise macht es die groteske Freude am technisch veralteten Action-Trash aus, der hier in vertraut nostalgischer Kulisse aufgetischt wird.

Wer sich schmunzelnd in diese Untiefen des Shooter-Genres vorwagen möchte, sollte noch eine Weile warten, bis das Spiel für fünf Euro auf den Wühltischen der Händler liegt. Denn 30 oder 40 Euro ist dieses Spiel absolut nicht wert. All zu lange dürfte der Preisverfall ohnehin nicht auf sich warten lassen. Bis dahin lässt sich die Zeit verkürzen, etwa mit launigen und trotzdem halbwegs gehaltvollen Ballerspielen wie "Call of Juarez: Gunslinger". (Georg Pichler, derStandard.at, 03.03.2014)

Video: Rambo Trailer