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Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter findet mit seiner liberalen Position zu Homosexuellen in der ÖVP kaum Gehör.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Wien - Die offizielle Reaktion der ÖVP fiel kurz und deutlich aus. "Ein allgemeines Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften ist kein Thema", stellte Generalsekretär Gernot Blümel zu den Aussagen von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter fest. Rupprechter hatte sich im Standard-Interview für ein allgemeines Adoptionsrecht für Lesben und Schwule ausgesprochen.

"Ich denke, es gibt genug gute Beispiele dafür, dass sich Kinder in homosexuellen Partnerschaften wohlfühlen können. Ich vertrete da eine sehr viel liberalere Anschauung, als man von einem tief verwurzelten Tiroler Katholiken annehmen möchte", hatte Rupprechter gesagt und erklärt, dass sich die ÖVP einer Debatte stellen müsse.

"Persönliche Meinung" Rupprechters

Dazu scheint die ÖVP aber nicht bereit zu sein. Ein solches Adoptionsrecht sei "womöglich die persönliche Meinung" Rupprechters, erklärte Generalsekretär Blümel, aber "die Parteimeinung dazu ist ganz klar eine andere und wird auch nicht geändert". Offene Unterstützung für Rupprechter innerhalb der Partei kam lediglich aus der Steiermark. Der designierte steirische Landesrat Christopher Drexler freute sich über den "erfrischend offenen gesellschaftspolitischen Zugang", er selbst sei jedenfalls für eine Diskussion dieser Frage.

Ausreichend Erfahrung mit dem Umgang der ÖVP mit dem Thema Homosexualität hat Feri Thierry, Generalsekretär der Neos. Thierry war bis 2003 Mitglied der ÖVP und dort in etlichen Initiativen und Arbeitskreisen als Lobbyist für die Rechte Homosexueller tätig. Thierry wurde vom damaligen ÖVP-Obmann Josef Pröll auch in den Perspektivenprozess eingebunden, aus dem immerhin die "Eingetragene Partnerschaft" als Rechtsform für homosexuelle Lebensgemeinschaften hervorgegangen ist. 

Nachname statt Familienname

Bedingung der ÖVP war damals allerdings, dass diese Partnerschaft nicht Ehe heißen und nicht am Standesamt geschlossen werden darf. Thierry macht auf zwei weitere Details aufmerksam, die als Zugeständnis an die konservativen Kreise in der ÖVP durchgesetzt wurden: Anders als bei heterosexuellen Paaren, die heiraten, fehlt bei einem schwulen Paar der Bindestrich zwischen dem Doppelnamen, außerdem heißt es nicht "Familienname", sondern nur "Nachname" - so steht es auch auf dem Meldezettel.

Einziger Vorstoß der ÖVP seit den 1970ern

"Die eingetragene Partnerschaft war der einzige aktive Vorstoß der ÖVP für die Rechte von Schwulen und Lesben seit den 1970er-Jahren", sagt Thierry, "und das war mehr oder weniger ein Alleingang von Josef Pröll. Sonst war die ÖVP immer nur dagegen." Thierry glaubt nicht, dass sich in der ÖVP in dieser Richtung etwas bewegen werde. Er selbst erinnert sich an Gespräche auch mit hochrangigen ÖVP-Funktionären und Regierungsmitgliedern, die sich zwar für eine Stärkung der Rechte von Homosexuellen ausgesprochen haben, gleichzeitig aber hinzugefügt hätten, dass sie das niemals öffentlich vertreten würden.

Selbst die Möglichkeit einer Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare in Österreich, auf die ÖVP-Generalsekretär Blümel jetzt hinweist, wurde erst aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) möglich.

Möglichkeit zur Neupositionierung

Der Entwicklungsprozess, den ÖVP-Chef Michael Spindelegger vergangene Woche unter dem kraftvollen Titel "Evolution Volkspartei" angestoßen hat, böte Möglichkeit zu einer Diskussion oder Neupositionierung. Für Generalsekretär Blümel, von Spindelegger mit der Gestaltung des Einwicklungsprozesses beauftragt, ist eine Debatte über die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare aber kein Thema, hieß es am Sonntag dazu aus der Parteizentrale. Blümel wirbt auf der ÖVP-Homepage für sich und die Partei übrigens mit folgendem Zitat: "Ich bin zutiefst überzeugt: Konservativ sein hat Zukunft!" (Michael Völker, DER STANDARD, 3.3.2014)