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Rutscht er oder nicht? Ausstellung im Lentos über die Kunst der Komik.

Foto: Steffen/dpa

Linz - Noch am Eröffnungsabend wurde eine Bananenschale wieder entfernt: Ein Besucher entsorgte das im Eingangsbereich platzierte Stück, das ein anderer - als Statement oder kecke Falle - ausgelegt hatte. Die andere, offizielle Bananenschale in der Ausstellung Slapstick - Die Kunst der Komik muss hingegen täglich erneuert werden: als Teil einer Arbeit von Wilfredo Prieto legt sie sich wie ein Slapstick-Topping über ein auf einem Fettfleck platziertes Stück Seife. Ein Witz, quasi dreimal erzählt. Und weil eine braune Schale zu wenig an diesen Schmäh erinnert, darf nun zwölf Wochen lang ein Lentos-Mitarbeiter eine Banane jausnen.

Der erwartete Ausrutscher auf der Schale ist bekanntlich schöner, als die Rutschpartie selbst. Mit dieser Erkenntnis hat schon Buster Keaton für die eigentlichen Lacher gesorgt: In The High Sign, einem 33 Sekunden langen Film von 1921, tappt er eben nicht in die Bananenschalenfalle. Der eigentliche Witz sind die nicht eingelösten Erwartungshaltungen.

Slapstick steht in all seinem Hang zu kindlicher und vordergründig tollpatschiger Zerstörungslust nicht zuletzt für Hoffnung auf Neubeginn - selbst wenn alles in Trümmern liegt. Darauf spielt Peter Lands Installation Springtime an: aus einem Haufen Ziegelsteinen ragt ein Arm. Für Lentos-Direktorin Stella Rollig tritt in dieser Schau ein auf den ersten Blick ungleiches Paar in Dialog: zeitgenössische Kunst und das Filmgenre einer völlig anderen Ära.

Herauszuarbeiten gilt es daher, was Künstler an den frühen Slapstickfilmen interessieren könnte. Egal ob es die Lust an der Wiederholung, an der speziellen Bildsprache oder an filmischen Umsetzungen irrwitziger Wendungen des Alltags ist, die Künstler nehmen Slapstick als Inspiration oder direktes Zitat: In seinem Film Clockshower (1973) nimmt Gordon Matta-Clark in einer Wolkenkratzeruhr herumkletternd eine Dusche. Er spielt damit auf eine Szene in Safety Last! (1923) an, in der Stummfilmkomiker Harold Lloyd an den Zeigern einer ebensolchen Uhr baumelt.

Auch Steve McQueen bedient sich eines Klassikers: in Steamboat Bill Jr. (1928) stürzt eine Hausfassade auf Buster Keaton, der dabei gleichermaßen ungerührt wie unverletzt bleibt. McQueen paraphrasiert diese Szene in Deadpan, im Titel auf Keatons stets leeren Gesichtsausdruck anspielend.

Die Torte ist das Motiv, das neben der Bananenschale größte Slapstick-Erwartungen auslöst. In Form der Tortenschlacht ist ihr ein Kapitel gewidmet: In The Battle of the Century (1927) mit Stan Laurel und Oliver Hardy findet sie ihre Perfektion. Dagegen wirkt die gegenübergestellte Inszenierung eines Gefechts mit Cremegebäck von Alexej Koschkarow wie ein matter Abklatsch.

Charme des Scheiterns

"Am schönsten ist das Gleichgewicht, kurz bevor's zusammenbricht" - das Zitat des Künstlerduos Fischli/Weiss verweist auf einen weiteren Slapstick-Aspekt: das Zelebrieren des Scheiterns. Glücklos bleibt Carola Dertnig bei einer Aktion mit Kinderwagen und Rad im öffentlichen Raum. Timm Ullrichs lässt einen ganzen Stuhl kapitulieren. Am schönsten scheitert Charlie Chaplin in Modern Times - und zwar an der Geschwindigkeit des Fließbandes. Zu dieser Szene gesellt sich der Lauf der Dinge von Fischli/Weiss: In der abgewandelten Nonsensmaschine hält Objekt um Objekt eine aberwitzige Kettenreaktion in Gang. Gerade den Dingen wohnt also ein unleugbarer Hang zum Klamauk inne. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 4.3.2014)