
Das Leben ist kein Wunschkonzert: Angelika Niedetzky.
Wien - Angelika Niedetzky mag das Wort "Ulknudel" nicht. Sie mag es gern derb. Und sie redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Ihr zweites Soloprogramm hat die goscherte Linzerin "Niedetzky-Marsch" genannt. Ein Marsch nach dem "Marathon": Das deutet auf eine gewisse Konsequenz hin.
Erneut erzählt Niedetzky aus ihrem Leben. Sie kommt vom Hundertsten ins Tausendste, reiht Wuchtel an Wuchtel. Das Leben sei kein Wunschkonzert, singt sie zur Melodie des "Radetzky-Marschs". Und dies gilt es zu beweisen: Allmählich kristallisiert sich ein erstes größeres Thema, das Lügen, heraus. Als Erwachsener lügt man andauernd, auch in der Beziehung; die Betrügerlüge Nummer eins sei der Satz, dass es heute länger werde im Büro. Klar sei, dass der Mann fremdgegangen sein muss, wenn er um vier Uhr in der Früh heimkommt - frisch geduscht.
Niedetzky richtet nicht, sie kann sogar verstehen, wenn man seine Frau mit einer Jüngeren betrügt. Denn: "Isst man lieber einen knackigen Apfel oder einen runzeligen? Na eben."
Keine Sorge, sie zieht auch über ungepflegte Männer her, die mit Bier die Zähne spülen, statt sie zu putzen. Aber eigentlich geht es um die Körpersprache, die den Lügner verrät. Der Inspektor hat darauf nicht geachtet, und so fährt Niedetzky erneut schwer betrunken mit dem Auto. Nun allerdings ist der Führerschein weg - und die Kabarettistin muss, weil sie sich weigert, die Strafe zu zahlen, für drei Tage ins Gefängnis. Mit dem Fortgang des Abends wird es immer absurder: "Aktenzeichen XY ungelöst" stellt ihr Verschwinden nach, Nina Proll spielt Angelika Niedetzky, und Peter Nidetzky berichtet (die beiden sind verwandt, auch wenn sie sich anders schreiben).
Zwischendurch ätzt die Kabarettistin treffend über Ugg-Boots; und als Höhepunkt stellt sie ein Talk-Radio-Gespräch nach: Die dumme Moderatorin interpretiert jede Äußerung der verzweifelten Anruferin falsch: "Du hast 30 Kilo abgenommen, wiegst nur 40 Kilo? Wow! Dann hast du ja eine Model-Figur!" Hier erreicht Niedetzky Niveau. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 4.3.2014)