Die Forscher haben mit der Spitze eines Rasterkraftmikroskops eine einzelne Polymerkette von einer Goldoberfläche hochgezogen.

Illu.: Shigeki Kawai

Graz - Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Graz hat erstmals im Detail die mechanischen Eigenschaften von einzelnen Polymerketten beschrieben. In Zukunft könnten die neuen Erkenntnisse auf verschiedene chemische und biologische Systeme umgesetzt werden, teilte die Universität Graz am Montag mit. Publiziert wurden die Resultate in der Fachzeitschrift "PNAS".

Biopolymere wie z.B. Proteine sind die molekularen Maschinen der Zellen, die Metabolite transportieren, Ionen pumpen, chemische Reaktionen katalysieren, Signalstoffe erkennen und den Zellen als Gerüstsubstanz ihre Struktur verleihen. "Großes Thema in der Forschung ist daher auch zu verstehen, wie die mechanischen Eigenschaften solcher Polymere sind", schilderte der Grazer Physiker Leonhard Grill vom Institut für Chemie. In Zusammenarbeit mit u.a. Forschern der Universität Basel (Departement of Physics) und dem Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin ist es ihm gelungen, das mechanische Verhalten eines einzigen Polymermoleküls, das quasi wie eine "Kette" aus einer Goldoberfläche herausgelöst wird, in atomarer Auflösung zu untersuchen und zu bestimmen.

Beobachtungen decken sich mit Modellen

Dazu haben die Forscher zuerst Polyfluorenketten auf einer chemisch sehr unreaktiven Trägerschicht zusammengebaut. "Anschließend haben wir mit der Spitze eines Rasterkraftmikroskops eine einzelne Polymerkette von einer Goldoberfläche hochgezogen. Dabei haben wir verschiedene Kräfte beobachtet, über die wir letztlich die Bindungsenergien des Moleküls zur Oberfläche sowie die mechanischen Eigenschaften der Kette, die sozusagen Glied für Glied von der Trägerschichte gelöst wurde, bestimmen konnten", schilderte Grill das Experiment. Die Beobachtungen bestätigten exakt, was Modelle verausgesagt hätten. Hinzu kam eine weitere interessante Beobachtung: "Wir stellten auch fest, dass sich die 'molekularen Drähte' praktisch reibungsfrei parallel zur Oberfläche bewegen."

Die Möglichkeit, einzelne molekulare Ketten zu ziehen und damit mechanischen Kräften auszusetzen, sei wichtige Grundlage der weiteren Erforschung biologischer Moleküle: "Sie kann etwa wichtige Hinweise auf das Falten beziehungsweise Entfalten von Proteinen geben", so Grill. In künftigen Experimenten will man untersuchen, wie Katalysatoren oder Nanopartikel das mechanische Verhalten der Molekülkette beeinflussen. (APA/red, derStandard.at, 08.03.2014)