Herwig Kärntler hilft einem Kind beim Überleben: "Wer selbst in so eine Situation kommt, ist froh, wenn es jemanden gibt, der spendet", sagt der Steirer.

Foto: derStandard.at/tinsobin

Durch eine Kanüle in der rechten Armvene wird das Blut in die Zellseparator-Maschine geleitet Sie filtert die Blut-Vorläuferzellen heraus.

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Die Stammzellen in hoher Dosierung (rechts) werden dem Empfänger verabreicht.

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Herwig Kärntler liegt seit zwei Stunden mit ausgestreckten Armen auf einer Liege in der Abteilung für Transfusionsmedizin auf der Ebene 3 im Wiener AKH. Zwei bis drei Stunden hat er noch vor sich. In jeder seiner Armbeugen steckt eine Kanüle. Die einzige Bewegung, zu der er fähig ist, ist die Betätigung der Fernbedienung eines kleinen Fernsehapparates unter der Zimmerdecke.

"Ich spüre gar nichts. Es dauert halt nur einfach lang", sagt der 48-Jährige aus Karpfenberg in der Steiermark. Ein bisschen Langeweile ist aber auch fast schon alles, was ein Stammzellenspender ertragen muss, um einem anderem Menschen das Leben zu retten. Im konkreten Fall handelt es sich um ein vierjähriges leukämiekrankes Kind. Über mehr Informationen verfügt Kärntler nicht, und auch der Empfänger wird vermutlich niemals erfahren, wer der Spender ist, denn ein Grundsatz für die Stammzellenspende ist die Anonymität.

Ein paar Tage ohne Sport

Die Entnahme der Blutstammzellen dauert vier bis fünf Stunden. An den vier Tagen davor hat sich Kärntler selbst zwei Mal täglich eine subkutane Spritze mit dem Medikament G-CSF in den Bauch beziehungsweise Oberschenkel gesetzt, das die Ausschüttung der Stammzellen ins Blut bewirkt. "Kein Problem", sagt der Spender zum Prozedere.

Am fünften Tag findet die Entnahme der Stammzellen statt. Durch eine Kanüle in der rechten Armvene wird das Blut in die Zellseparator-Maschine geleitet Sie filtert die Blut-Vorläuferzellen heraus. Der Rest wird dem Spender über die Vene des anderen Arms wieder zugeführt. Der rote Beutel, der an der Maschine hängt, enthält Stammzellen in hoher Dosierung, die der Empfänger später - ebenfalls intravenös - verabreicht bekommt.

Am nächsten Tag will Kärntler wieder ganz normal arbeiten gehen. "Ein paar Tage danach sollte man keine schwere körperliche Arbeit verrichten und auch keinen Marathon laufen", mahnt die anwesende Ärztin Barbara Pelzmann. "Die Frau Pelzmann kennt mich schon gut. Sie weiß, dass ich es nicht lange ohne Sport aushalte", lacht der Spender. Nach der Entnahme der Stammzellen erfolgt eine ärztliche Nachbetreuung in Form mehrerer Gesundheitskontrollen.

"Kein Thema"

Auf die Idee, sich als Spender zur Verfügung zu stellen, kam Herwig Kärntler 1997, als ein Einwohner aus dem Bezirk Bruck in der Obersteiermark an Leukämie erkrankte. "Da hat es bei uns eine große Aktion gegeben: Man konnte sich für eine Knochenmarkspende registrieren lassen. Fast alle haben sich gemeldet, auch ich", erzählt der Steirer.

2014 kam die Anfrage, ob er als Stammzellenspender zur Verfügung stehen würde. "Man überlegt schon kurz, aber es war überhaupt kein Thema, dass ich das nicht machen will", sagt Kärntler. "Ich würde die Stammzellenspende auf jeden Fall empfehlen, weil man wirklich etwas Gutes tut." Wenn man selbst einmal in so eine Situation käme, wäre man froh, wenn es jemanden gibt, der spendet. (Eva Tinsobin, derStandard.at)