Greift sich wegen des Amadeus an den Kopf: Herwig Zamernik von Naked Lunch.
Foto: Hoanzl

Wien - Es stürmt im Wasserglas. Zwar wird der heimische Musikpreis Amadeus darob nicht Schiffbruch erleiden, aber zumindest Schlagseite könnte er bekommen. Gleich drei der für den österreichischen Musikpreis 2014 nominierten Bands und Künstler haben die Veranstalter mehr oder weniger höflich aufgefordert, ihre Nominierungen zurückzunehmen. Das Elektroduo Her Voice Over Boys (HVOB) war das erste, das vergangene Woche diesen Wunsch äußerte.

Grund dafür ist eine Kooperation des Amadeus mit dem Kronehit Radio. In einem offenen Brief sprachen Anna Müller und Paul Wallner von "plumpsten Marketingbedürfnissen", die "auf den Rücken österreichischer Bands" befriedigt würden. Zudem wurde Kronehit vorgehalten, "inhaltlich unzutreffend und grammatikalisch fragwürdig" über die zur Auswahl stehenden Acts zu informieren.

"Nacked Lunch"

Tags darauf formulierte die ebenfalls nominierte Kärntner Band Naked Lunch dasselbe Bedürfnis. Die Alternative-Rockband wurde überraschend in der Kategorie "Rock / Hard 'n' Heavy" nominiert - was nur die erste Unschärfe darstellte. Selbst der Bandname der international bekannten Formation war falsch geschrieben. Ergo schloss diese: "Bitte also, mit fucking Zucker obendrauf, entfernen Sie uns wieder aus der Liste der Nominierten zu besagtem Preis."

Am Wochenende hat ein dritter für einen Preis vorgeschlagener Musiker abgesagt, der Rapper Monobrother. Er bezeichnete den Amadeus als "Trostpreis für all die gebrochenen Versprechen und unmotiviert-holprigen Versuche, diese völlig verlotterte österreichische Musiklandschaft etwas erträglicher zu gestalten".

Der Verband der österreichischen Musikwirtschaft (IFPI), der den Amadeus veranstaltet, bedauert die Rückzieher verständnisvoll. Man weist gleichzeitig daraufhin, dass man mit dem Preis österreichischen Künstlern und Bands eine Bühne geben und sie bei einem möglichst breiten Publikum bekannter machen wolle. "Zu diesem Zweck kooperieren wir auch mit verschiedenen Partnern wie Puls 4, FM4 und Kronehit."

Also zumindest zwei Medienpartner, die aus der Sicht vieler Musiker nichts dazu tun, zeitgenössische heimische Popmusik zu unterstützen. Ihre Vereinnahmung des Amadeus wird dementsprechend als Affront gewertet, weil die Idee des Preises ursprünglich war, heimische Popmusik auch abseits der üblichen Verdächtigen einem größeren Publikum näherzubringen.

Möchte man den Preis nach dieser Wirkung beurteilen, wundert es, dass sich überhaupt jemand für den seit 2000 vergebenen Amadeus nominieren lässt. Er besitzt weder nationale geschweige denn internationale Relevanz. Die Auszeichnung in Form einer gläsernen Schallwelle schlägt sich (abseits der Kategorie Schlager) weder in Airplay noch in Verkaufszahlen nieder.

Die Musikpreise werden am 6. Mai im Wiener Volkstheater verliehen. An wen auch immer. (Karl Fluch, DER STANDARD, 5.3.2014)