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Adoption auch noch! Als wären Hypo und Budget nicht genug: Regierungsalltag von Michael Spindelegger (li.) und Werner Faymann.

Foto:APA/ Schlager

Wien - Drei Worte genügten dem Bundeskanzler: "Bin seiner Meinung." Mehr wollte Werner Faymann (SPÖ) im Pressefoyer des Ministerrats auf Standard-Anfrage gar nicht sagen, um sich zum Thema Adoptionsrecht für Homosexuelle zu positionieren. "Seine Meinung" war die von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP), der sich am Wochenende in einem Standard-Interview dafür offen gezeigt hatte. Es gebe "gute Beispiele dafür, dass sich Kinder in homosexuellen Partnerschaften wohlfühlen können". Und später bekräftigte er den Vorstoß. Er sei "nicht bereit, diese Menschen auszugrenzen" und wolle einen "offenen Zugang".

In seiner Partei, der ÖVP, kam Rupprechters Idee, für die er sogar Papst Franziskus als Gewährsmann nannte, nicht rasend gut an. Vielmehr wurde das Thema seit dem Wochenende auf betont niedriger Flamme gehalten.

Schwarze Parteilinie hält ...

Am Dienstag schließlich sagte Parteichef und Vizekanzler Michael Spindelegger recht unverblümt, dass seine Prioritäten derzeit etwas anders gelagert sind: "Ich konzentriere mich jetzt auf Budget und Hypo, das ist schwierig genug." Im Übrigen sei das "sensible" Thema bei Familienministerin Sophie Karmasin "in guten Händen" - und "eigentlich" sei ja Justizminister Wolfgang Brandstetter "dafür zuständig". Der parteifreie Ressortchef ließ allerdings wissen, dass er sich in ÖVP-Interna nie einzumischen gedenke.

Spindelegger will die sogenannten Fremdkindadoptionen für Homosexuelle im Rahmen eines parteiinternen "Entwicklungsprozesses" diskutieren lassen, denn: "Mit einem Interview ändert man keine Parteilinie."

Einer, der das schon gelernt hat, ist Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). "Es gibt keinen Anlass, zu dem Thema etwas beizutragen", sagte er am Rande des Energierats in Brüssel. Rupprechter habe "seine persönliche Meinung geäußert". Diese wolle er, Mitterlehner, nicht weiter kommentieren. Im Rahmen des schwarzen "Entwicklungsprozesses" werde man dann ja sehen, "ob sich die Position ändert oder nicht".

... und ist im Fluss

ÖVP-Familiensprecher Georg Strasser bekennt offen, dass das Ganze in der Volkspartei "ein sehr sensibles Thema" sei. Auch seine eigene Meinung sieht er "noch im Fluss". Er sei "auf Linie des Parteichefs", das intern zu diskutieren, sagte er zum Standard: "Ausgangspunkt für eine offene Debatte muss das Wohl der Kinder sein - ohne Vorurteile, ohne Diskriminierung, ohne Ausgrenzung."

Familienministerin Karmasin sieht jedenfalls keinen Anlass, sich mit Rupprechter in dieser Frage auszutauschen, immerhin sei sie die zuständige Ministerin. Es handle sich ohnehin um ein eher theoretisches Thema, sagte Karmasin quasi unter Konkurrenzaspekten, zumal es schon jetzt zehnmal mehr Adoptionseltern als -kinder gebe. Außerdem könnten sich Homosexuelle ihren Kinderwunsch schon jetzt durch Stiefkind- oder Einzelkindadoption erfüllen. Sie sieht eine andere Möglichkeit für Homosexuelle, sich zu mit einem "wertvollen Beitrag" zu betätigen - als Pflegeeltern, was die Grünen als "scheinheilig" kritisierten.

Koalitionäre Achsenbildung

Die koalitionäre Achsenbildung, die Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) mit Rupprechter in dieser Causa starten wollte, muss noch warten. Er war nicht im Ministerrat, sondern in Brüssel.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatkas Rat an Rupprechter lautet übrigens: "Jeder Minister ist am besten beraten, sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren."

Vielleicht hat Rupprechter den Namen seines Ministeriums nur einfach sehr wörtlich genommen. Es heißt nämlich "Lebensministerium". (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 5.3.2014)