Das Verbot der Aktivitäten der palästinensischen Hamas in Ägypten - abgesehen davon, dass dieses angesichts der Ziele und Aktivitäten dieser Organisation ohnehin nachvollziehbar ist - hat für die ägyptische Führung einen innen- und einen außenpolitischen Zweck.
Die Konstruktion der Spionageanklage gegen den gestürzten Präsidenten Mohammed Morsi stützt sich auf seine angebliche Zusammenarbeit mit der Hamas vor, während und nach der Revolution 2011. Die Dimension einer Muslimbrüderverschwörung, vor der Ägypten im Sommer 2013 errettet wurde, wird betont, wenn die Mutter, die ägyptische Organisation, und ihre Tochter, der palästinensische Ableger, gleichermaßen kriminalisiert und unter anderem für die Destabilisierung des Sinai allein verantwortlich gemacht werden - was ja nur zum Teil stimmt.
Gleichzeitig geht es aber auch um den Gazastreifen selbst. Dort formiert sich - nicht ohne Hilfe von außen - eine Bewegung namens "Tamarrud" (Rebellion). Sie heißt nicht nur wie ihr ägyptisches Vorbild, sondern hat auch das gleiche Ziel: den Sturz der Muslimbrüder. Zugleich wurden die ägyptischen Aktivitäten, um an der Gaza-Grenze das Tunnelunwesen trockenzulegen, massiv verstärkt. Da durch die Tunnel auch harmlose Waren für das tägliche Leben in den Gazastreifen geschmuggelt werden, ist jedoch nicht so sicher, ob dieser Schuss wirklich nur gegen die Hamas losgeht - und nicht auch gegen ihre Gegner. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 5.3.2014)