Baltimore - Gemeinhin galt unter Vögeln, dass sich bevorzugt die Männchen als Sänger hervortun. Nun aber kommt eine Studie zu dem Schluss, dass der Gesang von Vogelweibchen weiter verbreitet ist als angenommen. Mehr noch: Bei Singvögeln ist es sogar eher die Regel als die Ausnahme, dass die Weibchen trällern. Das Verhalten dürfte vermutlich schon sehr früh in der Stammesgeschichte aufgetaucht sein. Damit wanke die Annahme, der Gesang hätte sich bei den Männchen entwickelt, um Partnerinnen zu finden und sich gegen Konkurrenten abzugrenzen, berichten US-Biologen im Journal "Nature Communications".

Karan Odom und ihre Mitarbeiter von der Universität von Maryland in Baltimore hatten in der Literatur nach Hinweisen auf den Gesang von Weibchen bei weltweit über 1.000 Arten gesucht. Bei 323 Spezies aus 34 von 44 untersuchten Singvogelfamilien fanden sie verwertbare Hinweise. Und diese zeigten, dass Experten bei immerhin 229 Arten beschrieben hatten, dass Weibchen regelmäßig singen. Dies entspricht einem Anteil von 71 Prozent. Der Gesang der Weibchen ist also keine Ausnahme, wie die Biologen schreiben.

Früher Gesang der Vogelweibchen

Eine Zuordnung der singenden Weibchen zu einem auf Gendaten beruhenden Stammbaum der Singvögel brachte noch ein überraschendes Ergebnis: Nach verschiedenen statistischen Methoden ist es den Wissenschaftern zufolge fast sicher, dass dieses Merkmal der Weibchen schon sehr alt ist. Der Gesang der Weibchen sei also keine neue Erfindung. Schon die Urahninnen der heutigen Singvogelfamilien ließen ihre Stimme ertönen. Ornithologen zufolge gibt es weltweit mehr als 10.000 Vogelarten, darunter mehrere tausend Singvogel-Spezies. (APA/red, derStandard.at, 09.03.2014)