Als perfekten Abschluss einer komplexen Geheimoperation feierte die israelische Führung am Mittwoch die Unterbindung eines offenbar vom Iran gelenkten Waffenschmuggels. Vor der Küste von Eritrea im Roten Meer, gut 1500 Kilometer von Israelentfernt, hatte ein israelisches Marinekommando im Morgengrauen das Frachtschiff Klos-C gestoppt, das unter der Flagge von Panama unterwegs war. An Bord seien dutzende Raketen vom Typ M-302 gefunden worden, die "das Leben von Millionen israelischer Bürger gefährdet hätten", wenn sie in den Gazastreifen gelangt wären, sagte ein Armeesprecher.
Die Israelis beschrieben eine über Monate und über große Distanzen angelegte Schmuggeloperation. Die Raketen seien in Syrien hergestellt und auf dem Luftweg von Damaskus nach Teheran gebracht worden; im iranischen Seehafen Bandar Abbas seien sie auf die Klos-C verladen worden. Das Schiff habe dann zunächst den irakischen Hafen Um Kasr angelaufen, danach habe sich die Klos-C auf den Weg um die arabische Halbinsel gemacht. Zielhafen auf dem afrikanischen Kontinent hätte Port Sudan sein sollen. Von dort hätten die Waffen auf dem Landweg durch Ägypten und die Sinaiwüste den Gazastreifen erreichen können.
Die Enterung des Schiffes ist laut Armeesprecher Motti Almos völlig gewaltfrei verlaufen. Die 17 Mann der Besatzung würden verschiedenen Nationalitäten angehören und seien wohlauf. Es sei wahrscheinlich, dass sie von dem Schmuggel nichts gewusst und geglaubt hätten, bloß übliche Handelsware zu transportieren.
Unter Zementsäcken
Die Raketen, von denen auch Videobilder veröffentlicht wurden, seien in verschlossenen Containern tief unter Zementsäcken verborgen gewesen. Das Schiff soll nun in den israelischen Rotmeerhafen Eilat gebracht werden, was einige Tage dauern kann. Erst danach werde geklärt werden können, wie hoch die genaue Zahl der Raketen ist, ob noch andere Waffen an Bord sind und inwieweit die Besatzung in die Operation verwickelt war. Die M-302 seien relativ präzise Boden-Boden-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern; weit mehr als die Distanz vom Gazastreifen bis Tel Aviv oder Jerusalem.
Laut israelischem Armeesprecher hat der Iran "den Schmuggelversuch organisiert und in allen Einzelheiten geleitet". Israels Premier Benjamin Netanjahu, der sich in den USA aufhielt, stellte eine Verbindung zu den Verhandlungen über das iranische Nuklearprogramm her: "Während der Iran mit den Großmächten spricht und lächelt, schickt derselbe Iran mörderische Waffen an die Terrororganisationen - das ist der wahre Iran, und es darf nicht sein, dass dieses Land Kernwaffen bekommt." In Wien gingen am Mittwoch unterdessen die Expertengespräche zum Atomstreit weiter.
Nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Morsi in Ägypten war spekuliert worden, dass die palästinensische Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, wieder die Unterstützung des Iran suchen würde.
Das israelische Außenministerium wird aufgrund der iranischen Waffenladung entgegen ursprünglichen Plänen keine Beschwerde beim UN-Sicherheitsrat einlegen, weil die Belegschaft im Ministerium derzeit in den Streik getreten ist. Sie fordert bessere Arbeitsbedingungen und bessere Gehälter. Alle Mitarbeiter inklusive der Diplomaten haben ihre Arbeit niedergelegt, was weitreichende Folgen hat. Nur wenn Leben in Gefahr sein sollten, werde man reagieren. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, red, DER STANDARD, 6.3.2014)