Lufthansa-Passagevorstand Jens Bischof will unter anderem mehr Beinfreiheit bieten.

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Berlin – Lufthansa ist die zweite Airline nach Air France, die auf der Langstrecke eine vierte Klasse einführt. Die Premium Economy Class ist ein Mittelding zwischen Economy- und Businessclass, bietet mehr Beinfreiheit, besseres Essen, größere Getränkeauswahl und ein breiteres Unterhaltungsangebot an Bord. Bis Ende 2015 sollen sämtliche 106 Flugzeuge der Lufthansa-Langstrecke umgerüstet werden. Die Gesamtkosten inklusive drei Jahre Betriebszeit bezifferte Passagevorstand Jens Bischof am Mittwoch auf der Internationalen Tourismusmesse ITB in Berlin mit 170 Millionen Euro.

"Die Lufthansa prescht vor, die anderen Marken im Konzern inklusive AUA können dem Beispiel folgen, müssen aber nicht", sagte Bischof. Mit der Einführung einer vierten Klasse neben First, Business und Economy trägt Lufthansa dem Umstand Rechnung, dass immer mehr Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht mehr Business reisen lassen, sondern Economy buchen. Ähnlich wie im Tourismus, wo viele Hotels zunehmend auf eine Klassifizierung als Fünf-Sterne-Betrieb verzichten, um nicht Businessgäste zu verlieren, suchen auch mehr und mehr Fluglinien einen Ausweg aus diesem Dilemma.

Verbesserungen in allen Klassen

Insgesamt investiert Lufthansa nach Aussagen von Bischof drei Milliarden Euro in die Produktoffensive, die bis Ende 2015 Verbesserungen in allen Flugklassen beinhaltet. Die neue Premium Economy Class bietet 50 Prozent mehr Platz pro Sitz; zudem können Passagiere in dieser Klasse ein zweites Gepäckstück mitnehmen und bekommen je nach Strecke 100 bis 150 Prozent an Meilen gutgeschrieben. Über die Preise schwieg sich Bischof "aus Konkurrenzgründen" noch aus. Man könne aber davon ausgehen, dass der durchschnittliche Aufpreis gegenüber der Economy-Klasse bei einem Hin-retour-Flug etwa 600 Euro betrage. Zum Vergleich: Der Aufpreis von Economy- auf einen regulären Businessflug beträgt auf der Langstrecke im Durchschnitt 2.000 Euro.

Der Verkaufsstart wird im Mai sein, der erste Flug mit Premium-Economy-Sitzen in einer Boeing 747-8 soll im Oktober erfolgen. Los Angeles, Washington, D.C. und Chicago sollen genauso angeflogen werden wie Hongkong, Neu-Delhi und Sao Paulo. Die Umrüstung soll schrittweise erfolgen, zehn Prozent des Sitzplatzangebots sollen für die neue Klasse reserviert werden. Insgesamt geht es um 7.000 Sitze, Ende des Jahres sollen 3.500 bereits eingebaut sein.

Bischof rechnet mit rund 1,5 Millionen Passagieren, die pro Jahr Premium Economy fliegen werden, und mit Einnahmen von rund einer Milliarde Euro. "Das Potenzial ist groß, 70 Prozent der Geschäftsreisenden fliegen derzeit Economy", sagte Bischof. Der Passagevorstand ist überzeugt, anderen Airlines mit dem neuen Angebot Fluggäste wegnehmen zu können. Angst vor einer Kannibalisierung hat er nicht: "Es werden mehr Economy-Gäste Premium Economy buchen, als wir Business-Gäste an Premium Economy verlieren." (Günther Strobl, derStandard.at, 5.3.2014)